Klimastreik am Freitag: Hochs und Tiefs für das Klima

Am Freitag bringt Fridays for Future erstmals seit der Pandemie größeren Protest für Klimaschutz auf die Straße. Ein Blick auf das vergangene Jahr.

Greta Thunberg und Aktivist*innen von Fridays for Future im August am Brandenburger Tor Foto: dpa

Vor einem Jahr drängten sich 270.000 Menschen auf den Straßen vor dem Brandenburger Tor – so dicht, dass neu Ankommende bald kaum noch die U-Bahn-Ausgänge verlassen konnten. Viele Schulen waren an diesem Tag wie leer gefegt, aber auch Eltern und ältere Menschen beteiligten sich an den Protesten für mehr Klimagerechtigkeit. Der Klimastreik am 20. September 2019 wurde der größte, den es je gab.

Und am kommenden Freitag, fast exakt ein Jahr später, steht nun ein nächster globaler Streik an. Wie hat sich die Bewegung in diesem Jahr in Berlin verändert und entwickelt?

Als man am Abend nach der großen Demo mit müden Beinen und heiserer Stimme zu Hause ankam, präsentierte Angela Merkel einem als Dank das neue „Klimapaket“ der Bundesregierung und damit die frohe Botschaft: Es wird wohl nicht ganz bei 1,5 Grad Erderwärmung bleiben, eher so 3,5 sollen es werden.

Damit war dieser Tag einerseits zwar ein Höhepunkt für Klimaaktivist*innen, zugleich aber auch ein besonderer Tiefpunkt einer ignoranten, festgefahrenen Politik – gerade im Verhältnis zu dem überwältigenden Protest in Berlin.

Pia Haase ist seit fast zwei Jahren bei Fridays for Future in Berlin aktiv. Natürlich entstehe „Frust, wenn man da tagelang, stundenlang, wochenlang organisiert und dann immer wieder mit solchen Beschlüssen konfrontiert wird“, sagt sie. Auch das Kohlegesetz, mit dem im Sommer 2020 der für das Klima viel zu späte Ausstieg für das Jahr 2038 beschlossen wurde, zählt dazu.

Am 25. September ist globaler Klimastreik: #KeinGradWeiter

Beginn der Demos ist um 11 Uhr am Washington- und Potsdamer Platz. Weiter geht’s mit dem Rad zum Sitzstreik am Brandenburger Tor (12 Uhr).

Besonders prägend an der Berliner Ortsgruppe sei, dass sie so groß war und ist. „Von Anfang an hatten wir Strukturdebatten“, sagt Olga, die seit eineinhalb Jahren Teil der Bewegung ist und ihren Nachnamen nicht veröffentlichen möchte. Zu bestimmen, wie die Gruppe sich organisiert und Aufgaben verteilt werden, verzehre viel Zeit und Kraft. Viele hätten im letzten Winter, als es zum ersten Mal eine Streikpause und weitere Debatten über neue Strukturen und Strategien gab, die Gruppe verlassen, erzählt Olga. Einige seien ausgebrannt.

„Signifikant ist, dass wir viel stärker in die Bezirke gegangen sind“, erklärt Pia. So seien im vergangenen Jahr mehr lokale Aktionen und Proteste entstanden. Freitags zum Beispiel gab es öfter Bezirksstreiks statt eines großen Streiks im Invalidenpark.

Gleichzeitig müsse verhindert werden, „dass die Ortsgruppe fragmentiert“, meint Pia, „wir wollen ja Kräfte bündeln und gemeinsam arbeiten“.

Noch einmal komplett umgekrempelt hat die Pandemie seit dem Frühjahr die Situation der Aktivist*innen. Schließlich waren es der Protest auf der Straße und die großen Demos, die dazu führten, dass das Thema Klima in Medien und Politik präsenter geworden war. Zusätzlich verlor der Klimaschutz auch durch Corona an Aufmerksamkeit.

Zum großen Erfolg der Berliner Ortsgruppe wurde der globale Klimastreik am 24. April. Statt für eine Demo zu mobilisieren, legte sie an diesem Tag Tausende Plakate auf der Wiese vor dem Reichstag aus, zusammen mit den großen Lettern: „#FightEveryCrisis“. In den vergangenen Wochen haben nun mit Abstand und Maske die Freitagsstreiks im Invalidenpark wieder begonnen, mit denen sich warmgemacht wird für den globalen Protesttag.

Wenn Olga auf das vergangene Jahr zurückblickt, war es „schon erfolgreich“, meint sie. Eventuell sei ziviler Ungehorsam ein Weg, den man in Zukunft gehen müsse. Es sei durch die lange Zeit ohne Streiks während der Pandemie „viel schwerer“ geworden, „neue, frische Aufmerksamkeit zu bekommen“.

Pia wünscht sich, „dass noch mehr Menschen realisieren, dass man Antifaschismus, Antirassismus und Antikapitalismus nicht vom Kampf für Klimagerechtigkeit trennen kann“. Auch der Klimaaktivismus kämpft schließlich für eine Welt, in der alle Menschen gleichberechtigt leben können. Die Klimakrise verschärft bestehende Ungerechtigkeiten: Wer bereits benachteiligt ist oder diskriminiert wird, leidet am meisten unter ihren Folgen. So kritisiert Pia, dass FFF Berlin sich nicht schnell genug mit der Beweggung Black Lives Matter solidarisiert habe.

Die Klimakrise verschärft bestehende Ungerechtigkeiten: Wer bereits benachteiligt ist oder diskriminiert wird, leidet am meisten unter ihren Folgen

Ganz anders und in jedem Fall kleiner als die bisherigen Großdemos wird der globale Streik an diesem Freitag: Morgens um fünf wollen die Aktivist*innen beginnen, vor dem Brandenburger Tor Tausende von Punkten im Abstand von zwei Metern auf den Asphalt zu malen, damit im Rahmen des Infektionsschutzes wieder größerer Protest auf die Straße kommt.

Trotz aller Herausforderungen: Dass die Ortsgruppe ihnen standgehalten und immer wieder neue, kreative Aktionen auf die Beine gestellt hat, zeigt, dass es in Berlin laut bleiben wird für mehr Klimaschutz.

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