Verfahren gegen Polizeibeauftragte

Kieler Landtagspräsident schiebt Disziplinarverfahren wegen Geheimnisverrats gegen El Samadoni an

Von Esther Geißlinger

Ihre Arbeit sei unverzichtbar, sie selbst „ein Gewinn für die Bürger“ – bei der Landtagssitzung Ende August gab es über die Parteigrenzen hinweg Lob für die Bürger- und Polizeibeauftragte Samiah El Samadoni. Nur Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) hat ein Problem mit der SPD-Politikerin. Er leitete ein Disziplinarverfahren gegen sie ein – wegen angeblichen Geheimnisverrats. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner kritisiert das Vorgehen. El Samadonis Anwalt weist alle Vorwürfe zurück.

Das Büro der Bürgerbeauftragten berät Menschen bei sozialen Anliegen und Behördenärger. Seit 2016 ist El Samadoni auch Polizeibeauftragte, in dieser Funktion führte sie ein Gespräch mit der Leiterin der Polizeischule in Eutin. Im Mai, kurz vor ihrer Wiederwahl durch den Landtag, wurde der Vorwurf öffentlich, die Beauftragte habe Informationen aus diesem Gespräch weitergegeben und damit ihre Verschwiegenheitspflicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, das Verfahren zieht sich hin. Zusätzlich kommt nun das Disziplinarverfahren, über das zuerst der NDR berichtete.

„Von uns aus wäre es nicht öffentlich geworden“, sagt die Sprecherin des Landtags, Vivien Albers. Inhaltlich will sie sich nicht dazu äußern: „Zu Personalangelegenheiten können wir leider nichts sagen.“ Nicht einmal formale Fragen – wie lange dauert ein solches Verfahren, was könnte am Ende stehen – beantwortet sie.

Vielleicht auch, weil diese Fragen nicht leicht zu klären sind. Denn die Beauftragten, neben der Bürgerbeauftragten auch die Zuständigen für Migration, Behinderung und politische Bildung, unterstehen zwar formal der Dienstaufsicht des Präsidenten, sind aber vom Parlament gewählt und eigenständig. 2019 hatte Schlie bereits einen Vorstoß gemacht, die Beauftragten vom Landtag abzukoppeln. Anlass war ein heftiger Streit mit El Samadoni um den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur sogenannten Rockeraffäre, bei der es um mögliches Mobbing und Fehlverhalten in den Reihen der Landespolizei geht – übrigens zu einem Zeitpunkt, als Schlie als Innenminister zuständig für die Polizei war.

El Samadonis Anwalt Gerhard Strate weist indes die Vorwürfe zurück und Oppositionsführer Ralf Stegner hält weder die rechtlichen noch die inhaltlichen Voraussetzungen für so ein Verfahren für gegeben. Kritisch sieht er, dass die Hinweise auf den angeblichen Geheimnisverrat aus Chats stammen, die die Staatsanwaltschaft auf dem Smartphone eines Polizeigewerkschafters fand. Das Verfahren gegen den Gewerkschafter sei noch nicht einmal eröffnet, aber im Zuge der Ermittlungen gefundene Daten werden „für zig andere Dinge ausgewertet“, so Stegner zur taz. In der kommenden Woche befasst sich der Innenausschuss des Landtags mit diesem Thema.