Linken-Parteivorsitzende tritt nicht mehr an: Kipping gibt Vorsitz ab

Die Vorsitzende der Linkspartei will in Erfurt nicht erneut als Parteichefin antreten. Die Entscheidung sei ihr leicht gefallen.

Katja Kipping spricht in ein Mikrofon

Katja Kipping beim Start der Sommertour durch Sachsen am Dienstag in Chemnitz Foto: Robert Michael/dpa

BERLIN taz | Nach acht Jahren als Parteivorsitzende der Linken will Katja Kipping den Chefposten abgeben. „Heute mache ich transparent, dass ich bis zum Parteitag voll Leidenschaft als Parteivorsitzende tätig bin, doch in Erfurt nicht erneut als Parteivorsitzende kandidiere“, schreibt Kipping in einer Erklärung an ihre Genoss:innen und Freund:innen, die der taz vorliegt.

Sie gebe das Amt aus Respekt vor der innerparteilichen Demokratie ab, so Kipping. Jedes Amt sei auf Zeit – „und das ist auch gut so.“ Laut Parteisatzung der Linken soll kein Amt länger als acht Jahre durch dasselbe Mitglied ausgeübt werden.

Die Entscheidung falle ihr auch deshalb leicht, schreibt Kipping, „da wir in unserer Partei kluge Genoss*innen haben, die Vorsitz können. Es ist gut, wenn das Projekt einer modernen sozialistischen Partei auf mehr Schultern verteilt wird.“

Zukünftig wolle sie verstärkt in der Gesellschaft Brücken bauen für einen sozial-ökologischen Aufbruch, für neue linke Mehrheiten, erklärt Kipping. „In welcher Position ich dies tun werde, darüber wird zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen sein.“

Linke muss gewinnen wollen

In ihrer Erklärung wirbt Kipping dafür, ein (Mit-)Regierung auch im Bund zu wagen. Es gebe bei der nächsten Bundestagswahl ein historisches Möglichkeitsfenster, schreibt sie und fordert ihre Genoss:innen auf: „Es gilt gewinnen zu wollen und die Konservativen herauszufordern.“ Dazu gelte es jetzt Gemeinsamkeiten mit potentiellen Bündnispartner*innen herauszuarbeiten.

Das bedeutet die Linke müsste sich auf die oft geschmähte SPD und die Grünen einlassen. Ihre Partei sieht die scheidende Vorsitzende gereift und bereit dafür. „Wir sind weder eine reine Protestpartei, noch einfach Mehrheitsbeschafferin für Rot-Grün“, schreibt Kipping. Ihre Partei sei inzwischen eine Zukunftspartei mit inhaltlichem Führungsanspruch. Man sei mittlerweile selbstbewusst genug, sich nicht mehr an anderen Parteien abarbeiten zu müssen, so Kipping. „Für mich sind das Kämpfe der Vergangenheit.“

Kipping war auf dem Göttinger Parteitag 2012 erstmals zur Parteivorsitzenden gewählt worden. Seitdem führt sie die Linke zusammen mit Bernd Riexinger, der damals, für viele völlig überraschend, vom linken Parteiflügel ins Spitzenamt bugsiert wurde.

Viele hatten erneute Kandidatur erwartet

Die vergangenen Jahre waren überschattet von innerparteilichen Kämpfen zwischen den Unterstützern Kippings und Riexingers und den Anhängern der eigenwilligen Ex-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht. Neben persönlichen Reibereien ging es vor allem um die Frage, welchen Kurs die Linke in der Migrations- und Flüchtlingspolitik einschlägt und damit verbunden, welchen Milieus sie sich zuwendet und welchen Charakter sie ausstrahlt. Will man lieber Bionadetrinker oder Bockwurstesser begeistern, soll man regieren oder besser opponieren.

Erst der Rückzug Wagenknechts aus ihrem Amt als Fraktionsvorsitzende befriedete die Stimmung zwischen den Lagern. Seitdem agiert Kipping befreiter, sie knüpfte die Bande zur neuen Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und zum Lager der Reformer von Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch neu. Sie setzte Themen und drang damit durch, wie zuletzt die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche. Auch deshalb hatten wohl viele erwartet sie würde erneut kandidieren.

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