Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie sich die Corona-rebell*innen im Norden festsetzen

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Der Protest geht weiter: Am Samstag will das Netzwerk „Querdenken 40“ erneut in Hamburg gegen die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen wegen der Coronapandemie demonstrieren. Auf dem Jungfernstieg soll wieder einer der „Ärzte für Aufklärung“, Marc Fiddike, sprechen. Eine Rede soll auch ein neuer Star der Corona-rebell*innen halten: David Claudio Siber. Als Ex-Grünen Politiker stellen ihn die „Querdenker 40“ um Selina Fullert vor. Ein Bekehrter, ein Umdenker, ist in diesem Milieu natürlich herzlich willkommen.

In Berlin hatte der grüne Kommunalpolitiker aus Flensburg bei der großen Demonstration Ende August auf der Bühne erklärt, dass das Virus nicht gefährlicher sei als eine saisonale Grippe. Zu Beginn der Reden hatte Siber sich als Familienvater und Mitglied der Grünen vorgestellt, musste Buhrufe aushalten, bekam am Ende aber Applaus. Die Ratsfraktion der Flensburger Grünen reagierte schnell und schloss ihn aus. Marlene Langholz-Kaiser, die örtliche Kreisvorsitzende, sagte der taz, dass es in den vergangenen Monaten mehrere Versuche gegeben habe, mit Siber zu diskutieren. „Das war offensichtlich nicht erfolgreich“, sagte sie. Der Auftritt bei den Coronarebell*innen sei für sie dennoch überraschend gekommen.

Im Norden hat die sich etablierende Bewegung in den vergangenen Tagen verschiedene Aktionen ausgerichtet. In Hamburg postierten sich die Coronaskeptiker*innen vor einer Schule, in Hannover veranstalteten sie eine Demonstration mit 1.500 Menschen in der Innenstadt. Das Netzwerk „Walk for freedom“ um Tatjana Bosche lenkte die Demons­tration. Von „Liebe“ und „Frieden“ wurde viel geredet und gesungen. Mit der Friedfertigkeit war es aber vorbei, als Gegendemonstrant*innen vor der Bühne ein Transparent hochhielten, auf dem sie darauf hinwiesen, dass die Coronaskeptiker*innen gemeinsam mit Rechtsextremen demonstrierten. Sofort gingen mehrere Männer die Gegendemonstrant*innen massiv an und versuchten, ihnen das Transparent zu entreißen. Einer von ihnen ist ein langjähriger Rechtsextremist aus Göttingen mit NPD-Vita.

Im Verlauf der Demonstration, die sich immer wieder verzögerte, da die Teilnehmer*innen sich nicht an die Maskenpflicht hielten, sprachen Außenstehende die Coronarebell*innen mehrfach auf Rechtsex­treme in ihren Reihen an. Als Reaktion bekamen sie häufig Beschimpfungen zu hören.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Am Samstag erwartet das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBGR) erneut die Beteiligung von Rechten bei dem „Fest für Frieden und Freiheit“ am Jungfernstieg. Eine Gegenkundgebung ist angemeldet. Am Abend will zudem das linke Bündnis „Wer hat, der gibt“ in den Reichenvierteln von Hamburg, Hannover und Berlin demonstrieren, um auf die ungleiche Verteilung der Krisenlast hinzuweisen und eine linke Antwort auf die Coronakrise zu liefern. Ihr Motto: Die Reichen müssen für die Krise bezahlen.