Kommentar von Nadine Conti über Mängel im Jugendamt
: Lügde muss Konsequenzen haben

War es das jetzt? Da überlässt ein Jugendamt ein Pflegekind einem alternden Pädophilen auf einem schmuddeligen Campingplatz zum jahrelangen Missbrauch und Pornosdrehen und am Ende steht nicht mehr als: Da hat wohl irgendjemand seinen Job nicht ganz richtig gemacht.

Die Ermittlungen gegen die Jugendamtsmitarbeiter sind eingestellt, vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag NRW haben sie geschwiegen, der Bericht der Sonderermittlerin sagt, an den Strukturen liege es nicht. Eine Kette handwerklicher Fehler, schlampige Akten, individuelles Versagen, von wem auch immer. Punkt aus?

Es fällt wirklich schwer, sich damit zufrieden zu geben. Natürlich ist das eine schwierige Kiste: Bei Kindermissbrauch kocht der selbstgerechte Volkszorn in Rekordzeit über, eine differenzierte Auseinandersetzung ist kaum möglich, hinterher haben immer alle alles besser gewusst.

Aber es ist doch nicht der einzige Fall. Es gibt ja weitere, in Münster zum Beispiel. Und dagegen soll kein Kraut gewachsen sein?

Es gibt zwischen den Zeilen des Berichts durchaus ein paar Hinweise, was in solchen Fällen ein Problem ist: zum Beispiel, dass in diesem Bereich überdurchschnittlich viele junge Mitarbeiter:innen beschäftigt sind.

Die kommen frisch von der Uni und sind dort oft zum ersten Mal mit Lebensverhältnissen konfrontiert, in denen es schon lange nicht mehr darum geht, wo ein Kind gut aufwachsen kann – sondern nur noch darum, wo es ihm am wenigsten beschissen geht. Es sind oft hoffnungslose Fälle, Familien, die seit Generationen Objekt von sozialpädagogischen Maßnahmen sind. Nur ein Bruchteil entkommt diesem Kreislauf.

Für deren Kinder wünscht man sich natürlich optimale Pflegestellen, nur zu finden sind die oft nicht. Schon gar nicht für „Problemkinder“, die nicht mehr niedlich sind. Es ist verständlich, dass man dann in manchen Situationen nicht mehr so genau hinhören kann oder möchte. Sich vielleicht sogar einseifen lässt, von einem Täter, der anscheinend auch ein gewisses Geschick darin hatte, Leute um den Finger zu wickeln.

Und trotzdem: Hier hat mehr als eine Person ihren Job nicht gemacht. Hier haben Vorgesetzte nicht aufgepasst, Kollegen nicht zugehört, Polizisten nicht nachgefragt. Es ist unerträglich, dass dafür keiner gerade steht.