das portrait
: Hat es als Klimaaktivistin in China schwer: die 17-jährige Howey Ou

Foto: Nicolas Asfouri/afp

Während die meisten Schüler*innen hierzulande schon lange nicht mehr jeden Freitag fürs Klima streiken, steht Howey Ou nach wie vor vor dem ehemaligen Regierungsgebäude in ihrer Heimatstadt Guilin im Südosten Chinas und hält ein Protestplakat in die Höhe. „Schulstreik fürs Klima“ steht dort auf Chinesisch und auf Englisch. Howey Ou war wohl die erste Jugendliche in China, die an den Fridays-for-Future-Klimastreiks teilnahm. Seit Mai 2019 geht sie für die Zukunft des Planeten auf die Straße – und zwar nicht nur freitags. Denn vor über einem Jahr ist die heute 17-Jährige wegen ihres Klimaaktivismus von der Schule geflogen – seither streikt sie Vollzeit.

Howey Ou spricht genauso ernst, wie sie in die Kamera blickt. Die dunklen Haare sind kinnlang. Ihre wissenschaftlich monotone Sprechweise erinnert ein wenig an die ihres großen Vorbilds: Greta Thunberg. Auf den ersten Blick wirkt Howey schüchtern. Doch der Schein trügt. Hinter der Fassade steckt eine furchtlose junge Frau, die sich den Kampf für das Klima zum Lebensinhalt gemacht hat.

„Ich habe das Gefühl, wir sind auf einem untergehenden Schiff, und trotzdem machen alle weiter, als wäre nichts“, erklärt sie im britischen Guardian. Ihre Schlussfolgerung: „Wenn niemand daran etwas ändert, muss ich das tun.“ Howey musste jedoch schnell feststellen, dass ein Klimastreik im autoritären China nicht so einfach zu machen ist wie in Europa.

Kurz nachdem Howey Ou zum ersten Mal vor dem früheren Regierungsgebäude in ihrer Heimatstadt Guilin streikte, war auch schon Polizei vor Ort. Einmal wurde sie vier Stunden lang verhört. Ein Brief ihrer Schuldirektorin mit dem Ultimatum folgte: Entweder gebe sie ihren Klimaaktivismus auf – oder sie würde von der Schule verwiesen. Howey entschied sich für Letzteres.

Mit ihrer Entscheidung steht Howey Ou in China besonders allein da. Denn während in Europa Klimaaktivismus fast schon zum Trend geworden ist, bestreitet Howey Ou weiterhin einen einsamen Kampf. Selbst Freundinnen haben sich nicht getraut, mehr als ein paar Mal mitzustreiken.

„Ich habe keine Angst“, sagt Howey Ou. Um ihre Familie mache sie sich allerdings Sorgen. Einmal wurden ihre Eltern mehrere Stunden von der Polizei befragt. Sie werden unter Druck gesetzt, um den Aktivismus der Tochter zu stoppen und Interviews mit ausländischen Medien zu unterbinden.

Doch Howey Ou lässt sich nicht beirren. Nachdem ihr die chinesischen Behörden untersagt hatten, weiter zu streiken, pflanzte sie über 300 Bäume rund um Guilin. „Ich werde nicht damit aufhören“, sagt sie entschlossen. „Die Menschen müssen verstehen, wie ernst die Klimakrise ist.“

Aus der Ferne unterstützen sie mittlerweile auch Klimaaktivist*innen wie Greta Thunberg oder Vanessa Nakate, eine Fridays-for-Future-Aktivistin aus Uganda. In Guilin jedoch kämpft Howey Ou nicht allein gegen den Klimawandel, sondern auch gegen einen autoritären Staat. Ganz alleine. Céline Weimar-Dittmar