Diskriminierung von LGBTIQ: Armutszeugnis für uns alle

Eine Studie zeigt, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz immer noch ein großes Problem ist. Es braucht Veränderung – für beiden Seiten.

Eine Regenbogenfahne weht im Wind. Sie ist das Symbol der LGBTIQ-Community

Es geht nicht (nur) um Sex, sondern um die Privat- und Sozialsphäre: LGBTIQ Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Deutschlands Queer-Community ist weit gekommen, und doch liegt noch viel Arbeit vor ihr, um die Grundpfeiler der Heteronormativität zu zernagen. Jede*r dritte Homosexuelle fürchtet Diskriminierung, so das traurige Ergebnis einer gemeinsamen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bielefeld. Bei transsexuellen Menschen liegt die Zahl der Gemobbten noch höher. Dass sexuelle Orientierung auch im Deutschland des Jahres 2020 überhaupt noch ein Thema ist, ist ein strukturelles Problem.

Basis der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Identität ist die selbstverständliche Annahme, dass mein Gegenüber Hetero und Cis-Mann oder Cis-Frau ist. Auf amtlichen Formularen gibt es nur Männer und Frauen, auf Geburtskunden ist Platz für eine Mutter und einen Vater. Dazwischen ist nichts. Angst vor Ausgrenzung, Stigmatisierung und typisierenden Zuschreibungen hindern LGBTIQ-Menschen daran, sich am Arbeitsplatz zu öffnen.

„Am Wochenende war ich mit meiner Liebsten am See.“ Wenn Frau das sagt, erzählt sie aus ihrem Alltag, macht Smalltalk, mehr nicht, und riskiert damit schon, bei homophoben KollegINNen anzuecken. „Was geht mich das Sexleben dieser Frau an?“, könnten sie meinen. Es geht eben nicht nur um die Intimsphäre, sondern um die Privat- und Sozialsphäre, um ein Zu-sich-selbst-Stehen, um die eigene Sichtbarkeit.

LGBTIQ-Menschen sind überdurchschnittlich qualifiziert, sagt die Studie. Hier greifen die gleichen Mechanismen wie für viele andere diskriminierte Gruppen: Überkompensation. Frauen, schwarze Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund müssen mehr leisten, um dasselbe Ziel zu erreichen.

Die meisten LGBTIQ können wählen, ob sie sich zeigen oder nicht. Dass sich so viele gegen ein Outing entscheiden, ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft und für die Community. Auf beiden Seiten braucht es Veränderung, damit sich heterosexuell normativ denkende Menschen und LGBTIQ auch am Arbeitsplatz offen begegnen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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