Corona in Spanien: Stierkampf gefährdet die Zuschauer

In Mérida im Südwesten Spaniens drängte sich das Publikum in der Stierkampfarena. Angesichts steigender Infektionen ein Unding, fanden viele.

Zwei Männer spielen Stierkampf

Nicht alle Stierkampf Fans tragen eine Maske Foto: María José López/dpa

MADRID taz | Was ist die beste Art, eines an Covid-19 verstorbenen Stierzüchters zu gedenken? Richtig, ein Stierkampfspektakel. Mitten in der zweiten Corona-Infektionswelle in Spanien beherrschten am Freitag und Samstag die Bilder zweier gut besuchter Stierkampfveranstaltungen in Mérida in der Extremadura die Netzwerke. Eine Welle der Empörung schlug hoch.

„Extremadura weist 86 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen auf“, beschwerte sich etwa der bekannte Journalist und Talkshowteilnehmer Antonio Maestre. Die Quote, ab der eine Region als Risikoregion eingestuft wird, liegt bei 50 pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. „Kein Land der EU liegt über den Zahlen der Extremadura“, so Maestre. „Nachher fragen wir uns, warum Spanien so hohe Neuinfektionen aufweist.“ Spanienweit liegt die Quote mittlerweile bei 201 pro 100.000 Einwohner.

Die Veranstalter freilich sehen kein Problem. „Auf den Rängen werden die Abstände eingehalten. Keiner muss Angst vor Leuten an seiner Seite haben“, erklärt der Betreiber der Arena von Mérida, Jorge Matilla. Wie in den nach dem Lockdown erlassenen Regeln der „neuen Normalität“ vorgeschrieben, seien nur 75 Prozent der insgesamt 9.000 Plätze verkauft worden. Das stimmt tatsächlich.

Doch das Publikum nutzte die freien Sitze auf besseren Rängen und rückte zusammen. Frei blieben die Bänke ganz oben hinten, während sich unten das Publikum drängte. Zumindest trugen sie bis auf wenige Ausnahmen Atemschutzmasken, oft die olivgrünen mit Spanienfahne, wie sie gerne die Abgeordneten der rechtsradikalen Partei VOX benutzen.

Entsetzen auf Twitter

Auch das von den Sozialisten geführte Bürgermeisteramt von Mérida sah im Stierkampf in Zeiten von Covid-19 kein Problem. „Unsere Sorge gilt der Situation auf den Parkplätzen“, erklärte der Sicherheitsbeauftragte der Stadt.

#HoyToros – #HeuteStiere – heißt das Schlagwort, mit dem Besucher die Bilder des Spektakels und der dicht gedrängten Zuschauer auf Twitter verbreiteten. „#HeuteStiere, morgen Covid“ lautet eine der entsetzten Antworten. Eine Welle von Tweets warf den Veranstaltern und Besuchern vor, „verantwortungslos“, „unsolidarisch“, ja „kriminell“ zu handeln.

Es war nicht das erste Stierkampfwochenende in der Pandemie. Den ganzen Sommer über gab es vor allem in der Extremadura und im südspanischen Andalusien Stierkampfspektakel. Am vergangenen Wochenende sollte auch in Álcala de Henares, einem altehrwürdigen Universitätsstädtchen unweit der Hauptstadt Madrid, eines stattfinden.

Álcala und Umland war in der ersten Welle die am stärksten vom Coronavirus betroffene Gegend in ganz Spanien. Die konservative Madrider Regionalregierung genehmigte die Stierkämpfe dennoch. Erst als der sozialistische Bürgermeister von Álcala, Javier Rodríguez, vor Gericht ging, zog die Regionalregierung die Genehmigung zurück.

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