Debatte um Verschiebung der US-Wahl: Donald Trump bohrt weiter

Der US-Präsident relativiert den Vorschlag, die Wahl zu verschieben, wiederholt aber seine Behauptungen, es drohe Wahlbetrug. Er erntet massive Kritik.

Donald Trump läuft in einen Raum mit einer US-Fahne

Donald Trump vor seiner Pressekonferenz im Weißen Haus am Donnerstagabend, 30. Juli 2020 Foto: Evan Vucci/ap

BERLIN taz | Für seine per Twitter in die Welt gesetzte Frage, ob die für den 3. November geplanten US-Wahlen verschoben werden sollten, ist US-Präsident Donald Trump massiv in die Kritik geraten. Am Abend relativierte er seine Aussage in einer Pressekonferenz: Er wolle die Wahl am 3. November, aber Briefwahl im großen Stil werde zu großangelegtem Betrug führen. Er wolle nicht drei Monate auf das Wahlergebnis warten, nur um dann festzustellen, dass die Stimmzettel verschwunden seien und die Wahl keine Bedeutung habe, sagte Trump.

Angesichts der Corona-Pandemie und der in den USA weiterhin stark ansteigenden Infektionszahlen wird davon ausgegangen, dass überdurchschnittlich viele Wähler*innen in diesem Jahr per Brief ihre Stimme abgeben werden. Dagegen argumentiert Trump seit Wochen und behauptet, das werde zu den „ungenauesten und betrügerischsten“ Wahlen der US-Geschichte führen. Beweise für seine Behauptung hat er bislang nicht vorgelegt – und Wahlexpert*innen sehen keinerlei Belege dafür.

Auf seinen Tweet hatten sowohl demokratische als auch republikanische Kongressmitglieder mit klarer Ablehnung reagiert. „Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt“, sagte der konservative Senator Marco Rubio aus Florida. „In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und im Bürgerkrieg haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten“, sagte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell in einem Fernsehinterview. „Wir werden einen Weg finden, das auch am 3. November zu machen.“

Trumps designierter Konkurrent bei der Präsidentschaftswahl, der Demokrat Joe Biden, sagte bei einem Spendenevent mit führenden schwarzen Kongressmitgliedern, das Gedankenspiel des Präsidenten sei nur ein weiteres Beispiel für eine Strategie, die „Spaltung und Chaos schüren“ solle, weil Trump sich nicht „auf das fokussieren will, was vor sich geht“.

Überparteiliche Ablehnung

Kein Präsident kann allein den Wahltermin verschieben. Das wäre zwar durch ein vom Kongress zu verabschiedendes Gesetz möglich. Aber eine Verschiebung wäre nur um wenige Wochen möglich: Sowohl das Ende der Legislaturperiode des Kongresses am 3. Januar als auch das der Präsidentschaft am 20. Januar sind in der Verfassung verankert.

Angesichts der breiten überparteilichen Ablehnung ist nicht damit zu rechnen, dass auch nur ein Gesetzentwurf zur Verschiebung der Wahl eingebracht wird. Allerdings fällt bei den republikanischen Stellungnahmen auf, dass Trumps Parteikollegen seine Aussagen über möglichen Wahlbetrug wiederholten. Der republikanische Senator Ted Cruz etwa sagte: „Ich halte Wahlbetrug für ein ernsthaftes Problem. Aber nein, wir sollten den Wahltermin nicht verschieben.“

Trump selbst twitterte am Abend: „Froh, dass ich es geschafft habe, die sehr unehrlichen Lamestream-Medien dazu zu bringen, endlich über die RISIKEN für unsere Demokratie durch gefährliche allgemeine Briefwahlen zu reden.“

Damit ist zu befürchten, dass die ohnehin seit Jahren bestehenden Versuche, insbesondere republikanischer Gouverneure, durch erschwerte Bedingungen vor allem Schwarze und Hispano-Amerikaner*innen davon abzuhalten, ihr Wahlrecht auch auszuüben, in diesem Jahr einen Höhepunkt erreichen werden. Die Begründung dafür ist stets, den Wahlprozess vor Betrug zu schützen.

Darauf ging auch Trumps Amtsvorgänger Barack Obama ein. Bei einer Trauerrede für den verstorbenen Bürgerrechtsaktivisten und Abgeordneten John Lewis, der seit den 1960er Jahren für das Wahlrecht für Schwarze gekämpft hatte, kritisierte Obama unter anderem die Schließung von Wahllokalen, ein Erschweren von Briefwahlen sowie verschärfte Regeln zur Wählerregistrierung, von der Minderheiten besonders betroffen sind. „Unsere Wahlrechte werden mit chirurgischer Präzision beschnitten“, sagte Obama.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.