Verdachtsberichte in Pressearchiven: Entscheid gegen Löschpflicht

Verdachtsberichte dürfen in Pressearchiven bleiben – auch wenn der Verdacht sich nicht bestätigt. Das hat das Verfassungsgericht entschieden.

Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts

Kein automatischer Anspruch auf Löschung, sagt das Verfassungsgericht Foto: Tim Carmele/imago images

Das Bundesverfassungsgericht bewahrt Onlinepressearchive vor weitgehenden Löschpflichten. Auch Artikel, die sogenannte „Verdachtsberichterstattung“ enthalten, können dauerhaft in Archiven zugänglich bleiben.

Im konkreten Fall ging es um einen Unternehmensberater, der Siemens beim Eintritt in neue Märkte unterstützte. Die Europa-Ausgabe einer US-Zeitung berichtete 2007 über den Verdacht, dass er dabei auch in großem Umfang Bestechungsgelder verteilte.

Der Mann klagte später auf Entfernung des Berichts aus dem Onlinearchiv des Mediums, was Hamburger Gerichte jedoch ablehnten. Auch beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte er nun keinen Erfolg.

Die Verfassungsrichter erinnerten zwar an ihre Grundsatzentscheidung von Dezember 2019, wonach das „Recht auf Vergessenwerden“ nicht nur für Suchmaschinen wie Google, sondern auch für Onlinepressearchive gelte. Dabei sei dieses Recht aber immer mit der Pressefreiheit abzuwägen.

Nachtrag möglich

Im konkreten Fall entschied das BVerfG, dass bei Verdachtsberichterstattung kein automatischer Anspruch auf Löschung entsteht, wenn der Verdacht später nicht zu einer Verurteilung führt. Vielmehr komme es grundsätzlich darauf an, ob die Berichterstattung ursprünglich erlaubt war.

Die Richter verwiesen auf die hohen Anforderungen an eine Verdachts-berichterstattung

Die Richter verwiesen dabei auf die hohen Anforderungen an eine Verdachtsberichterstattung. Es müsse um Vorwürfe von erheblichem Gewicht gehen, der Betroffene müsse Stellung nehmen können und das Medium dürfe ihn nicht vorverurteilen.

Nur ausnahmsweise könne ein Betroffener einen „klarstellenden Nachtrag“ im Onlinearchiv verlangen, etwa wenn ein Freispruch erfolgte. Es genüge aber nicht, dass (wie im Fall des Unternehmensberaters) kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Dies könne viele Gründe haben und stelle keinen Unschuldsnachweis dar.

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