Folgen aus „Wirecard“-Skandal: Wie Scholz Betrug verhindern will

Um ein zweites „Wirecard“-Desaster zu vermeiden, hat Finanzminister Olaf Scholz Vorschläge unterbreitet. Denen muss die Union aber noch zustimmen.

Portrait von Bundesfinanzmninister Olaf Scholz

Olaf Scholz vor der Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch Foto: Michael Kappeler/dpa

Ein Wirecard-Untersuchungsausschuss ist sehr wahrscheinlich. Denn bei der Sondersitzung des Finanzausschusses am Mittwoch sei zu wenig herausgekommen, findet die Opposition. „Der Untersuchungsausschuss ist weiterhin nötig, zumal sich das Kanzleramt weiterhin wegduckt!“, sagt Linken-Politiker Fabio De Masi.

Auch die FDP fordert einen Untersuchungsausschuss. Der liberale Abgeordnete Florian Toncar moniert, dass die Finanzaufsicht Bafin anderthalb Jahre lang keinerlei Erkenntnisse zu Wirecard abgeliefert hat. Ab Januar 2019 hatte die Financial Times mehrfach über ungeklärte Zahlungsvorgänge bei Wirecard berichtet – woraufhin die Bafin zwar eine Untersuchung bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung in Auftrag gab, die aber keinerlei Ergebnisse zutage gefördert hat. Die Grünen prüfen noch, ob ein Untersuchungsausschuss sinnvoll wäre.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hingegen meint, dass der Bafin nichts vorzuwerfen ist – weil ihr die gesetzlichen Kompetenzen fehlten, um bei Wirecard aktiv zu werden. Scholz will daher die Bafin stärken. Dazu hat er am vergangenen Freitag einen „Aktionsplan“ vorgelegt, der 16 Vorschläge umfasst.

Wichtigster Punkt: Die Bafin soll „Sonderprüfungsrechte“ erhalten – und zwar gegenüber allen Firmen, die „kapitalmarktorientiert“ sind. Sie wäre also nicht nur für Finanzunternehmen zuständig, sondern für sämtliche Aktiengesellschaften. Bei Wirecard konnte die Bafin nur die Wirecard Bank unmittelbar kontrollieren – der Bilanzbetrug fand aber bei der Wirecard AG statt, die als Technologiekonzern galt.

Geheimniskrämerei überwinden

Zudem soll die Bafin „forensische Prüfungen“ vornehmen. Sie dürfte also gezielt nach Betrug suchen und dazu Zeugen und Geschäftspartner befragen. Auch dürfte sie „früher als bisher“ die Öffentlichkeit „über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle informieren“. Die Anleger würden also schneller erfahren, dass eine Aktie riskant ist. Bisher herrscht Geheimniskrämerei, um die Unternehmen vor Kursturbulenzen zu schützen. Der Verbraucherschutz wird bislang geopfert – zugunsten der Firmeninteressen.

Auch die Wirtschaftsprüfer sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Denn sie haben komplett versagt. Die Prüfungsgesellschaft EY hat ab 2009 die Bilanzen von Wirecard testiert – und den systematischen Betrug nie entdeckt. Daher soll die staatliche Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) „mehr Biss bekommen“. Sie soll eine Überwachung der Wirtschaftsprüfer „auch ohne Anlass und risikobezogen“ durchführen können.

Zudem sollen die Prüfer künftig bei allen Firmen nach maximal zehn Jahren rotieren. Gleichzeitig sollen Beratung und Prüfung stärker getrennt werden. Überlegt wird auch, ob die Haftung der Wirtschaftsprüfer steigen soll. Bisher müssen sie nur mit maximal 4 Millionen Euro einstehen, falls sie Bilanzbetrug nicht entdecken. Bei Wirecard ist jedoch ein Schaden von mehr als 3 Milliarden Euro entstanden.

Die meisten Skandale kommen ins Rollen, weil Insider auspacken. Daher soll geprüft werden, ob die „Anreize für Hinweisgeber verbessert“ werden könnten. Ob also für nützliche Indiskretionen mehr Geld fließen soll.

Der „Aktionsplan“ ist allerdings nur ein SPD-Papier, das von Scholz und Justizministerin Christine Lambrecht erarbeitet wurde. Bisher fehlt die Zustimmung der Union. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte am Mittwochabend an, er werde nun „sehr, sehr zügig mit dem Kollegen Scholz das weitere Gespräch führen“.

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