Solarstrom für Mieter: Die Anti-Öko-Bürokratie

Gesetze verhindern bislang Solarzellen auf Dächern in vielen Städten. Der Wirtschaftsminister verspricht nun Besserung.

Luftbild von Berlin Mitte

Berlin-Mitte. Wie viele Dächer mit Solarpanelen können Sie zählen? Foto: Jochen Tack/imago images

BERLIN taz | Wer von hohen Gebäuden auf die Dächer deutscher Städte hinabblickt, sieht viele ungenutzte Flächen aus Beton, Dachziegeln oder Teerpappe. Hier und da gibt es eine begrünte Terrasse. Was nahezu völlig fehlt, sind Solarzellen zur Stromerzeugung. Und das in einem Staat, dessen Regierung in den kommenden Jahrzehnten die fast komplette Versorgung mit Ökoenergie erreichen will.

Auf dem Land sieht es teilweise anders aus. Dort tragen viele Einfamilienhäuser, Bauernhöfe und Gewerbebetriebe schon Photovoltaikzellen. Während die Gesetze es Immobilienbesitzern relativ einfach machen, Ökostrom ausschließlich für sich selbst herzustellen, wird die Sache bei gemeinsamen Anlagen für Häuser mit Mietwohnungen sehr kompliziert. Die Bundesregierung weiß das und wollte die hinderlichen Regeln zum sogenannten Mieterstrom schon längst vereinfachen.

Auf eine Anfrage des SPD-Energiepolitikers Timon Gremmels ließ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nun erklären, er wolle noch im Sommer einen Gesetzentwurf vorlegen. Die Lage hat sein Ministerium 2019 in seinem Mieterstrombericht dargestellt. Demnach waren vor einem Jahr Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 14 Megawatt (MW) auf Miethäusern in Betrieb.

Seitdem hat sich wohl nicht viel geändert. Möglich und erwünscht war dagegen der Zubau von 500 MW pro Jahr. „Das Modell bleibt weit hinter den Erwartungen zurück“, fasste der Bericht zusammen. Ein wesentlicher Grund ist die zu niedrige staatliche Förderung. Der sogenannte Mieterstromzuschlag, den die Betreiber der Dachanlagen bekommen, tendiert gegen null.

Hohe Verwaltungskosten

Demgegenüber stehen Verwaltungskosten, die die Vermieter durch den Verkauf der Energie an die Mieterinnen und Mieter nicht erwirtschaften können. Ohne eine bessere Förderung rechnen sich die Anlagen deshalb oft nicht. „Der Mieterstromzuschlag fließt zudem nur, wenn der Vermieter gleichzeitig als Betreiber der Anlage und Stromlieferant auftritt“, erklärte Ralf Schmidt-Pleschka vom Ökostromanbieter Lichtblick.

Dann allerdings müsse der Hausbesitzer komplizierte bürokratische Pflichten als Energieversorger erfüllen, was viele abschrecke. Damit nicht genug: Bisher dürfen gemeinschaftliche Photovoltaikmodule nur die Mietwohnungen eines Gebäudes versorgen. Die Bewohner in den Häusern nebenan können sich nicht anschließen. Die Dächer von Gewerbegebäuden sind ebenfalls tabu. Schließlich müssen Vermieter mit dem Verlust ihrer Gewerbesteuerbefreiung rechnen, wenn sie Strom liefern.

Um abzuhelfen, hat SPD-Politiker Gremmels zusammen mit Kollegen im vergangenen Dezember einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Zuschlag für Mieterstromanlagen soll demnach auf gut 4 Cent pro Kilowattstunde angehoben werden.

Union in der Meinungsfindung

Dies würde wohl reichen, um die Solarkraftwerke kostendeckend zu betreiben. Zweitens will die SPD ermöglichen, dass Vermieter externe Firmen mit dem Betrieb der Anlagen und der Energielieferung beauftragen können, ohne den Zuschlag zu verlieren. Zuletzt soll es gemeinsame Mieterstromanlagen für Wohnquartiere geben anstatt nur für einzelne Häuser.

Bei der Union ist die Meinungsfindung noch im Gange. „Das Potenzial für Solarstrom in Städten bleibt bisher weitgehend ungenutzt“, sagte CSU-Energieexperte Andreas Lenz. „Vereinfachungen beim Mieterstrom könnten ein Weg sein.“ Man wolle deshalb prüfen, „ob die Beauftragung von Energieversorgern erleichtert werden kann, ohne dass der Mieterstromzuschlag verloren geht“. Klar ist: Die Kleinkraftwerke auf den Dächern lösen kaum Konflikte mit Nachbarn aus.

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