heute in hamburg
: „Es geht um viel mehr als Wohnungsbau“

Wie verändert die Krise Politik und Stadt? Gespräch zwischen Andreas Breitner und Peter Tschentscher.Fragen können Interessierte online über eine Chatfunktion stellen, 14–15 Uhr, Anmeldung: www.vnw.de

Interview Laura Strübbe

taz: Herr Breitner, wie zentral ist das Thema bezahlbarer Wohnraum in der anhaltenden Coronakrise?

Andreas Breitner: Bezahlbarer Wohnraum ist unabhängig von Krisen dauerhaft aktuell. Dementsprechend sind wir dankbar für jeden politischen Mitstreiter, der das Thema oben auf die Agenda setzt. Wir mussten uns in der Krise erst einmal ein Bild machen, wie es den Menschen wirtschaftlich ging: Die Vermietung von Wohnräumen ist weitestgehend unbeschadet von der Krise geblieben, dank der sozialen Sicherungssysteme.

Inwiefern haben sich die Anforderungen an den Wohnungsmarkt geändert?

Was wir uns momentan fragen: Wie steht es um die Anziehungskraft von Städten? Ich dachte in letzter Zeit auf meiner Terrasse oft darüber nach, was für ein Glück es ist, von hier aus in den Garten gucken zu können. Sind die Menschen weiterhin bereit, ihr Einfamilienhaus oder ihren Garten zugunsten einer Geschosswohnung aufzugeben? Der Megatrend Urbanisierung wird durch die Pandemie sicher erst mal gehemmt.

Sehen Sie in der Krise eine Möglichkeit zum Perspektivwechsel?

Foto: dpa

Andreas Breitner53, ist seit 2015 Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNM).

Die Digitalisierung hat einen Schub erhalten, man muss nicht mehr im Büro arbeiten. Dazu kommt, dass der Mensch den Garten neu entdeckt hat. Der bisherige Wunsch, in einer kleineren Wohnung zu leben, damit das Geld fürs Reisen reicht, wird sich vielleicht verändern. Bauen ist kein Selbstzweck. Viele Firmen bauen nur, um dauerhaft Wohnungen zu vermieten. Wenn die Nachfrage sinkt, kann es auf der Seite der Angebote zu Veränderungen kommen. Das würde dann sehr schnell auch die Politik erreichen. Aber sicher sagen kann das niemand.

Warum sucht ein Verband von Wohnungsanbietern das Gespräch mit Peter Tschen­tscher?

Wir wollen Corona aus allen Blickwinkeln betrachten – auch gesellschaftlich. Wir sind politisch daran interessiert, zu erfahren, wie es einem Regierungschef gelingt, so eine Krise zu meistern. Dabei geht es um viel mehr als Wohnungsbau. Vielleicht gelingt es uns, dem Menschen Peter Tschentscher näherzukommen. Vor Corona ist er auch zu uns gekommen und wir haben in großen Sälen diskutiert. Neu ist jetzt, dass wir die Barriere eines Dialogs mit dem Ersten Bürgermeister gesenkt haben. Man muss nirgendwo hinreisen, kein Geld bezahlen und nicht einmal ununterbrochen Zeit haben.