Uruguays Erfolg gegen Corona: Wo Freiwilligkeit funktionierte

Uruguay steht in Südamerika bei der Bekämpfung des Coronavirus am besten da. Das verdankt der neoliberale Präsident auch mitte-linken Vorgängern.

Mann trägt ein Haus auf dem Kopf mit der Aufschrift "Bleibt zu Hause"

„Bleibt zu Hause“, warnte der Spaziergänger in Montevideo im Mai Foto: Matilde Campodonico/ap

BUENOS AIRES taz | Seit Monaten richten sich fragende Blicke gen Uruguay. Warum schneidet das kleine Land neben Paraguay am besten beim Umgang mit der Coronapandemie in Südamerika ab, obwohl dort ein neoliberaler Präsident regiert?

Gerade mal zwei Wochen war Luis Lacalle Pou im Präsidentenamt, da wurden am 13. März in Uruguay die ersten Infektionsfälle entdeckt. Noch am selben Tag verhängte er den Gesundheitsnotstand, ließ die Landesgrenzen und Schulen schließen sowie Großveranstaltungen verbieten.

Doch statt eine obligatorische Ausgangssperre zu verhängen, forderte er seine Landsleute zu einer freiwilligen Quarantäne auf. Wer arbeiten gehen muss, um das Geld für sein Essen zu verdienen, darf nicht bestraft werden, so Lacalle Pou. So vermied er den Griff in die Staatskasse zur Finanzierung von Hilfen für Geringverdiener*innen und informell Beschäftigte. „Eine obligatorische Ausgangssperre wird es in Uruguay nicht geben“, bekräftigte der 46-Jährige am vergangenen Sonntag.

Lediglich ein staatlicher Coronahilfsfonds wurde eingerichtet, der aus den 20-prozentigen Gehaltskürzungen für Präsident, Minister*innen und Parlamentarier*innen sowie alle öffentliche Amtsträger*innen, die mehr als 1.800 Dollar im Monat verdienen, finanziert wird. Die Maßnahme brachte Lacalle Pou breite Sympathie ein, und bei einer Umfrage von Ende März akzeptierten 90 Prozent der Bevölkerung seine Empfehlung, freiwillig zu Hause zu bleiben.

Lob von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation

Bis Sonntag wurden 1.054 Infektions- und 33 Todesfälle registriert. 922 der Infizierten sind wieder genesen. Lob kommt denn auch von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (OPS). „Uruguay ist das einzige Land in Südamerika, dessen Inzidenzrate in den letzten Wochen regelmäßig sinkt“, sagte Sylvain Aldighieri, bei der OPS zuständig für die Coronapandemie. Die Regierung in Montevideo habe „sehr früh“ die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Maßnahmen umgesetzt. Zur freiwilligen Eingrenzung der Bevölkerung seien aber weitere Faktoren hinzugekommen, wie ein umfangreiches Testen und eine „solide Basis“ für die Krankenversorgung, so Aldighieri.

Die hat Lacalle Pou allerdings seinen mitte-linken Amtsvorgängern zu verdanken. 15 Jahre lang bestimmte die Frente Amplio die politische Richtung Uruguays. Das Bündnis sorgte dafür, dass das Gesundheitssystem nicht zusammengespart wurde und die soziale Ungleichheit die geringste in ganz Südamerika ist.

Zwar gibt es auch in Uruguay Armensiedlungen, aber es leben nicht so viele Menschen auf engstem Raum zusammen wie in Brasiliens Favelas oder Argentiniens Villas. Auch Wasser- und Stromversorgung sind weitaus besser. Alles Faktoren, die sich in Coronazeiten als entscheidend erweisen – und heute einen neoliberalen Präsidenten gut aussehen lassen.

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