Drohmails gegen Politiker*innen: „Keine bedauerlichen Einzelfälle“

Die SPD-Chefin Esken fordert ein konsequenteres Vorgehen gegen Rechtsextremismus bei der Polizei. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen rechte Drohschreiben.

SPD-Vorsitzende Esken

Fordert eine lückenlose Aufklärung in Sachen Drohmail: SPD-Vorsitzende Saskia Esken Foto: Reiner Zensen/imago

BERLIN dpa/afp | Die SPD-Chefin Saskia Esken hat ein entschlosseneres politisches Vorgehen gegen Rechtsextremismus bei der Polizei gefordert. In den vergangenen Monaten hätten sich die Hinweise auf „rechtsextreme und gewaltbereite Täter und Netzwerke in den Reihen der Sicherheitsbehörden“ gehäuft, sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Für die Politik müsse dies „ein Alarmzeichen sein, jetzt endlich konsequent zu handeln“.

Die Verdachtsfälle bei der hessischen Polizei müssten auch den politisch Verantwortlichen deutlich machen, „dass es sich hier nicht um bedauerliche Einzelfälle handelt“, betonte die Ko-Vorsitzende der SPD. Die Empfängerinnen der Drohmails hätten eine lückenlose Aufklärung der Hintergründe verdient.

Wegen der Affäre um rechtsextreme Drohschreiben war zuvor der hessische Landespolizeipräsident Udo Münch zurückgetreten. Er hatte Informationen zur unerlaubten Abfrage von persönlichen Daten aus Polizeicomputern nicht an Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) weitergegeben, wie Beuth sagte.

Zugegriffen worden war laut Medienberichten auf Daten prominenter Frauen, die rechtsextremistische Drohmails erhielten. Solche Drohmails hatten die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler, die Anwältin Seda Basay-Yildiz und laut „Frankfurter Rundschau“ auch die Kabarettistin Idil Baydar bekommen.

Morddrohung gegen linke Bundestagsabgeordnete

Die Partei Die Linke berichtete zudem von einer Morddrohung an ihre Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer. Der Parlamentarierin sei angedroht worden, es werde ihr ebenso ergehen wie dem ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), sagte Parteichef Bernd Riexinger der Nachrichtenagentur AFP.

Bei Sommer habe es bereits wiederholt Versuche gegeben, ihr Leben mit Manipulationen am Auto in Gefahr zu bringen, teilte Riexinger mit. 2010 sei das Auto der Politikerin angezündet worden. Der Parteichef warf der Polizei vor, die Bedrohung Sommers nicht ernst genug genommen zu haben.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt bei ihren Ermittlungen zu rechtsextremen Drohschreiben nun auch die Untersuchungen zu den nach Berlin versandten Mails an die Kabarettistin Idil Baydar und Politikerinnen der Linken übernommen. Das sagte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch. Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet. Im Fall Baydars, die bereits im März 2019 erstmals ein Drohschreiben erhalten hatte, waren Daten von einem Polizeirechner in einem Wiesbadener Polizeirevier abgerufen worden.

Persönliche Daten abgerufen

Persönliche Daten wurden auch vor den Drohmails an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und die Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag, Janine Wissler, von hessischen Polizeicomputern abgerufen. Die Ermittlungen nach den vor knapp zwei Jahren bekannt gewordenen Drohschreiben an Basay-Yildiz führten zudem zur Aufdeckung einer Chatgruppe mit rechtsextremen Inhalten in einem Frankfurter Polizeirevier. Wer die Schreiben verfasst hat, ist bisher nicht bekannt.

Die in Berlin versandten Schreiben hätten „einen ähnlichen Ton“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Angesichts der bislang erfolglosen Ermittlungen zu den Drohschreiben sagte sie: „Ich fürchte, es wird nicht einfacher werden.“ In Berlin haben auch Linke-Fraktionschefin Anne Helm und die Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer Drohmails bekommen.

Am Dienstag war Hessens Polizeipräsident Udo Münch über die Affäre um rechtsextreme Drohmails gestürzt. Münch habe um seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gebeten, weil aus seinem Haus wichtige Informationen nicht an den Innenminister weitergegeben worden seien, sagte Ressortchef Peter Beuth (CDU).

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