heute in hamburg
: „Preiswerte Wohnungen fehlen“

Kundgebung „Keine Profite mit Boden und Miete“: Rathausmarkt, 10.30 Uhr

Interview Selma Hornbacher-Schönleber

taz: Herr Meyer, was sagen Sie dazu, dass die Stadt das Gruner+Jahr-Haus nicht kauft?

Marc Meyer: Ich kann das absolut nicht nachvollziehen. Das ist ein wichtiges innerstädtisches Grundstück. Die Stadt hätte als Eigentümerin zukünftig die größten Steuerungsmöglichkeiten. Grundstücke später bei Bedarf für kommunale Zwecke zurückzukaufen, ist immer zu teuer.

Es gibt zwei Volksinitiativen zum Thema Wohnen. Wie hängen die zusammen?

Die hängen inhaltlich ganz eng zusammen: Die erste möchte, dass die Stadt Hamburg nie wieder öffentlichen Grund veräußern darf. Der muss jetzt und für nachfolgende Generationen erhalten bleiben. Die zweite Initiative möchte, dass auf städtischem Grund neue Wohnungen für immer preiswert sind und eben nicht nach 20, 30 Jahren zu Marktpreisen vermietet werden. In Hamburg fehlen schon heute Zehntausende preiswerte Wohnungen. In Zukunft werden davon eher noch mehr benötigt werden.

Nehmen die beiden Volksinis einander nicht den Wind aus den Segeln?

Eigentlich wollten wir sie in einer einzigen Volksini zur Abstimmung geben, rechtlich ging das nicht. Das ist zwar unpraktisch, aber wegen der Dringlichkeit des Themas wollten wir die zwei Initiativen nicht zeitlich strecken. Sie hängen auch inhaltlich zusammen: Massenhaft und dauerhaft preiswerten Wohnraum zu schaffen, benötigt entsprechende Grundstücke. Zusätzlich brauchen wir auch öffentliche Flächen für soziale Infrastruktur wie Kitas und Parks.

Wie hat Corona die Situation verändert?

Foto: Mieter helfen Mietern

Marc Meyer, 59, ist Anwalt beim Verein „Mieter helfen Mietern“, der die Volksinitiative „Boden und Wohnraum“ angestoßen hat

Die wirtschaftliche Situation vieler Menschen hat sich – teils existenziell – verschlechtert. Mieter haben zunehmend Probleme, die Mieten zu zahlen. Gesetzlich von April bis Juni gestundete Mieten müssen sie mit vier Prozent Zinsen zurückzahlen, aber die Leute verdienen ja nach der Pandemie nicht plötzlich mehr. Viele werden nicht einmal die alten Einkünfte erzielen. Gleichzeitig steigen Mieten und Grundstückspreise weiter. Deshalb sind die Initiativen jetzt noch wichtiger, damit langfristig bezahlbarer Wohnraum in der Stadt verfügbar ist.

Wieso ist es trotzdem so schwer, an Unterschriften zu kommen?

Wir hätten auch erwartet, dass die Unterstützung eher wächst. Aber aktuell haben es alle Inititativen schwer, weil nahezu alle Großveranstaltungen abgesagt wurden. Bei denen bekommen wir sonst viele Unterschriften zusammen.