Kleine Alternative im Museums-Hof

Das „Sommernachtskino“ zeigt in Hamburg unter freiem Himmel Stummfilme, Klassiker, Hamburgensien und queere Filme

„Uferfrauen“ dokumentiert lesbisches Leben und Lieben in der DDR Foto: Filmstill: déjà-vu film

Von Wilfried Hippen

In diesem Sommer fallen viele Open-Air-Kino-Reihen aus. So etwa das Freilichtkino auf dem Hamburger Rathaus, das Anfang August traditionell vom Metropolis-Kino organisiert und kuratiert wird. Für eine kleinere Alternative haben sich das Metropolis und die beiden Hamburger Kiezkinos 3001 Kino und B-Movie zusammengetan. Sie veranstalten im Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte an den kommenden fünf Wochenenden die Reihe „Sommernachtskino“. Freitags und samstags jeweils ab halb zehn abends und im September ab halb neun steht eine Mischung aus Stummfilmen, Klassikern, queeren Filmen und Hamburgensien auf dem Programm. Die Filme werden im überdachten Innenhof gezeigt, also auch bei schlechtem Wetter.

Die Reihe beginnt am morgigen Freitagabend mit Carol Reeds Film noir „Der Dritte Mann“, in dem Orson Welles seinen berühmten Monolog über die Schweizer Kuckucksuhren hält. Am Samstag kann man dann in „Brennende Betten“ das vom Kameramann der Nouvelle Vague Raoul Coutard fotografierte Hamburg der späten 1980er-Jahre bewundern. Pia Frankenberg, die neben der Regie auch die Hauptrolle übernahm, versucht darin den britischen Punker Ian Dury aus der gemeinsamen Wohnung zu ekeln – bis die beiden über ihrem brennenden Bett zu einem Paar werden.

Am Freitag kommender Woche zeigt der Dokumentarfilm „Für Sama“ Bilder, die die Aktivistin und Filmemacherin Waad al-Kateab über einen Zeitraum von fünf Jahren mit der Kamera während des Bürgerkriegs im syrischen Aleppo aufgenommen hat. Der Film wurde in Cannes prämiert und für den Oscar nominiert.

Am Samstag präsentiert das Stummfilm-Programm „Roaring Twenties“ Hamburgfilme aus den 1920er-Jahren“. Gezeigt werden drei Klassiker aus dem Historischen Filmarchiv des Landesinstituts Hamburg, die frisch vom Metropolis-Kino digitalisiert wurden. „Der Hamburger Hafen“ zeigt eine 45 Minuten lange Hafenrundfahrt im Jahr 1927, in „Hamburg hat’s eilig“ aus dem Jahr 1925 wird der öffentliche Nahverkehr der Zeit im Rahmen einer romantischen Stadtrundfahrt gezeigt. „Der Druckfehlerteufel“ von 1926 schließlich ist ein Werbefilm, in dem der Schauspieler Paul Kemp sein Filmdebüt gab. Begleitet wird das Programm vom Gitarren-Orchester Gilbert Couché.

Am Freitag der Woche darauf präsentiert das Kompilationsprogramm „Erinnerung als Widerstand“ drei politische Filmemacherinnen, die in Hamburg leben und an diesem Abend ihre Werke zeigen. In „Wer wir sein wollten“ untersucht Tatiana Calasans, welche Rollenbilder schwarze Jugendliche in den 1990er-Jahren hatten und wie diese heute leben. „Recorda“ von Diana Sánchez erzählt vom Verhältnis einer Frau zu ihrer Mutter und Großmutter. „Semra Ertan“ von Cana Bilir-Meier schließlich ist ein Experimentalfilm, der in Text- und Bildfragmenten von einer politischen Aktivistin erzählt, die sich 1982 aus Protest selbst verbrannte. Dieses Wochenende des politischen Kinos wird am Samstag mit Fatih Akins Spielfilm über die NSU-Mordserie „Aus dem Nichts“ beschlossen.

Das letzte Wochenende des August ist dann dem queeren Film gewidmet. Am Freitag steht die Dokumentation „Uferfrauen – Lesbisches L(i)eben in der DDR“ von Barbara Wallbaum auf dem Programm, am Samstag ist die Adaption des Off-Broadway Musicals „Hedwig and the Angry Inch“ von John Cameron Mitchell über eine Rock’n’Roll-Drag-Queen zu sehen, die durch die USA reist, doch als Hansel in Ost-Berlin geboren wurde.

„Sommernachtskino“: 7. August bis 4. September, Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte; Fr + Sa, 21.30 Uhr, Einlass 20.30 Uhr; im September Do + Fr, 21 Uhr, Einlass 20 Uhr; der Innenhof ist überdacht. www.metropoliskino.de