das portrait
: In Haft verstorben: der usbekische Menschenrechtler Azimjan Askarow

Foto: dpa

Sollte er irgendwann das Gefängnis verlassen können, werde er seine Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger fortsetzen. „Und dann werde ich hundertmal stärker sein“, sagte Azimjan Askarow 2012 in einem Interview mit dem Nachrichtenportal eurasianet.org. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Am vergangenen Samstag starb der 69-jährige Usbeke mit kirgisischem Pass in Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans, an den Folgen einer Lungenentzündung.

Bei ihrem letzten Treffen wenige Tage vor seinem Tod habe Askarow kaum noch gehen können, erzählt dessen Anwalt Waleriyan Wachitow. „Bitte, halte durch, wir lieben dich“, habe er seinem Mandanten noch sagen können. Der habe geweint und wohl schon eine Vorahnung gehabt.

Askarow wurde in dem Dorf Bazar-Korgun geboren. Nach seinem Abschluss an einer Kunstschule arbeitete er zunächst als Maler und Raumgestalter. In den 90er Jahren begann der dreifache Vater für eine Lokalzeitung über Menschenrechte mit dem Schwerpunkt Polizeigewalt zu berichten. 2002 gründete er die Nichtregierungsorganisation Vozduch („Luft“), die zu Haftbedingungen in kirgisischen Gefängnissen arbeitete. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte sich Askarow die Vertreter der Sicherheitsstrukturen endgültig zu erbitterten Feinden gemacht.

In Juni 2010 kam es im Süden des Landes zwischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischen Minderheit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Hunderten Toten und Tausenden Vertriebenen. Zahlreiche Usbeken wurden festgenommen – darunter auch Azimjan Askarow. Er hatte gefilmt und das Material internationalen Medien zukommen lassen. Die Anklage lautete auf Besitz von Munition und Beihilfe zu Mord in zwei Fällen. Im September 2010 erging das Urteil: „lebenslänglich“.

In dem bereits zitierten Interview berichtete Askarow von Folter durch Polizeikräfte. Diese hätten ihn fast umgebracht. Auch Zeugen, die zu seinen Gunsten hätten aussagen wollen, seien blutig geschlagen worden. Schon damals hatte er, nicht zuletzt wegen einer chronischen Erkrankung der Atemwege, mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Eine angemessene Behandlung erhielt er nicht.

Obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch in der Folgezeit immer wieder für Askarow einsetzten, wurde das Urteil noch zweimal bestätigt. Doch Askarow gab nicht auf. Während seiner Haft widmete er sich wieder der Malerei. Er erlernte das arabische Alphabet und widmete täglich mehrere Stunden der Koranlektüre. Auch seine Menschenrechtsarbeit setzte er fort, indem er Mitgefangene in Berufungsverfahren unterstützte.

Auf die Frage an Roza Otunbajewa, die 2010/11 das Präsidentenamt innehatte, warum sie Askarow nicht begnadigt habe, lautete deren Antwort: Damals sei es vor allem um die Stabilität des Landes gegangen und der Preis dafür sehr hoch gewesen. Diesen Preis hat nun Askarow gezahlt. Barbara Oertel