Gegen die Klischees

Das Hamburger Metropolis-Kino zeigt eine kleine Reihe mit widerständigen Filmen schwarzer Macher*innen: „Black American Cinema – L.A. Rebellion“

Halten in der Sklavenhalter-Nation ihre westafrikanischen Traditionen hoch: „Daughters of the Dust“ von Julie Dash spielt zu Anfang des 20. Jahrhunderts im Südwesten der USA Foto: Park Circus/Cohen

Von Wilfried Hippen

Aktueller kann eine Reihe mit Filmen aus dem vergangenen Jahrhundert kaum wirken. Nicht erst heute wehren sich afroameri­kanische Filmemacher*innen dagegen, wie die Machtstrukturen Hollywoods sie benachteiligen und welche Bilder von „persons of colour“ die dort konzentrierte Filmindustrie insgesamt vermittelt. Spike Lee gilt als ein Pionier dieses Kampfes, doch schon seit den 1980er-Jahren will eine ganze Reihe schwarzer Filmemacher*innen, die sie umgebenden Strukturen verändern. Ihre Filme sind Gegenentwürfe zu herrschenden Konventionen und teils offen rassistischen Zuschreibungen – den damaligen damals, aber ja auch heute noch wirksamen.

Die Gruppe bestand aus Filmkünster*innen, die seit den späten 1960er-Jahren an der Universität von Los Angeles (UCLA) Film studiert hatten und einen eigenen Stil entwickelten, merklich beeinflusst durch den italie­nischen Neorealismus: Diese Regisseur*innen wollten ein ungeschöntes Bild davon zeichnen, wie Afroamerikaner*innen in den USA lebten. „Alle haben wir versucht, mit unseren Filmen das falsche und negative Bild, das Hollywood von seinen schwarzen Mitbürgern in Umlauf gebracht hat, zu korrigieren“, schrieb dazu Charles Burnett. Der 1944 im US-­Bundesstaat Mississippi geborene Regisseur dürfte der bekannteste und erfolgreichste Angehörige dieser Gruppe sein, die als „LA Rebellion“ eine gewisse Bekanntheit erlangte. Sein Film „To Sleep with Anger“ – dt.: „Zorniger Schlaf“ – feierte 1990 auch international Erfolge.

Die kleine Reihe, die im August nun das Metropolis-Kino diesem schwarzen Kino widmet, enthält aber zwei von Burnetts früheren, radikaleren Arbeiten: Sam, der Protagonist von „Killer of Sheep“ (1978), ist ein sensibler­ Träumer, der durch seine Arbeit in einem Schlachthof immer mehr in eine existentielle Krise abdriftet. 1990 gehörte der Film zu den ersten 50 Titeln, die in das National Registry der Library of Congress aufgenommen wurden – und blieb trotzdem weitgehend unbekannt: Ungeklärte Musikrechte machten es jahrelang unmöglich, ihn aufzuführen oder wieder zu veröffentlichen. Das ging erst 2007, in einer restaurierten Fassung.

Auch Burnetts zweiter Spielfilm „My Brothers Wedding“ (1983) zeigt seinen Helden an einem Wendepunkt, hier der Entscheidung zwischen harter, noch dazu schlecht bezahlter Arbeit – und dem Verbrechen. Kofinanziert hat den Film das Zweite Deutsche Fernsehen, wo dann 1983 eine Version unter dem Titel „Zur Hochzeit meines Bruders“ ausgestrahlt wurde; nach dem Verkauf der Rechte schnitt Burnett dann eine auf 88 Minuten gekürzte Fassung, die erst 2007 uraufgeführt wurde.

Auch an Billy Woodberrys „Bless Their Little Hearts“ (1983) war Burnett beteiligt: als Drehbuchautor und Kameramann. Der Film handelt von Arbeit und Arbeitslosigkeit in einer afroamerikanischen Familie in Los Angeles. Auch diesen Film nahm die Library of Congress später, 2013, ins Register der national bedeutsamen Filme auf – als „kulturell, historisch und ästhetisch signifikant“.

In „Daughters of the Dust“ (1991) erzählt Regisseurin Julie­ Dash, wie im Jahr 1902 eine Gruppe schwarzer Frauen in South Carolina um ihre überlieferte Lebensweise kämpfen: Sie sind „Gullah“, Nachfahrinnen westafrikanischer Sklav*innen, die im Südwesten der USA eine relative kulturelle Eigenständigkeit bewahrten.

„Losing Ground“ (1982) von Kathleen Collins schließlich spielt im schwarzen Bildungsbürgermilieu und folgt einer schwarzen Philosophie-­Professorin bei ihrer Suche nach der Bedeutung von Ekstase.

Alle fünf Filme werden über den Monat August jeweils drei Mal als Originalfassung mit deutschen Untertiteln gezeigt.

www.metropoliskino.de