Rechte kriegen keinen Fuß auf den Boden

BAD NENNDORF Kreative Privatpartys und Blockaden behindern den Naziaufmarsch in Niedersachsen

BAD NENNDORF taz | Der Traueraufmarsch der Rechten im niedersächsischen Bad Nenndorf endete am Samstagnachmittag für die Nazis in einem Debakel. Dafür sorgte ein breites Bündnis aus Aktionsgruppen, Gewerkschaften und Kirchen, das rund 1.000 Gegendemonstranten unter dem Motto „Bunt statt braun“ auf die Straße brachte.

Die Neonazis wollten, wie jedes Jahr seit 2006, bis vor das Wincklerbad ziehen. Dort hatte die britische Armee nach 1945 ein Verhörzentrum für gefangene Nationalsozialisten, aber auch für vermeintliche sowjetische Spione eingerichtet. Für die Naziszene ist der Aufmarsch zum wichtigen Szenetreff geworden.

Doch die Bad Nenndorfer und angereiste Politiker wie Jürgen Trittin (Grüne) und Sebastian Edathy (SPD) machten ihnen einen Strich durch die Rechnung: Bereits am Freitagabend war es vier Gegendemonstranten gelungen, sich am geplanten Kundgebungsplatz festzuketten. Am Samstag dann blockierten über 400 Personen den Bahnhof, an dem sich die Nazis versammeln wollten. Die Polizei brachte daraufhin die Rechten mit Bussen zu ihrem Ziel. Weil auch etliche Busfahrer die Beförderung bestreikten, konnte der Aufmarsch jedoch erst mit dreistündiger Verspätung beginnen.

Und er wurde zum Spießrutenlauf: Entlang der Strecke hatten sich die Bad Nenndorfer gegenseitig zu privaten Partys eingeladen und protestierten lautstark gegen die Rechten. „Private Veranstaltungen können nicht verboten werden“, erklärte Jürgen Übel, Vorsitzender des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“, die Strategie. Von der Kundgebung der Rechten, unter anderem sprach die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel, war kaum etwas zu hören. Entnervt sagte der militante Neonazikader Dieter Riefling schließlich auch die für den Abend in Hannover geplante zweite Kundgebung ab. „Für die Rechten wurde der Aufmarsch zu einem Trauerspiel“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Meta Janssen-Kucz.

Die sonstige Bilanz der Demonstration: 23 Personen wurden in Gewahrsam genommen, die Polizei setzte Pfefferspray, eine Pferdestaffel und eine Überwachungsdrohne gegen die Nazigegner ein. Die Grünen wollen den Drohneneinsatz wegen der „Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ nun zum Thema im niedersächsischen Landtag machen. T. HAVLICEK, A. RÖPKE, A. SPEIT