„Tanzturniere über Zoom sind nichts für mich“

Women*Team (IX): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Die Hip-Hop-Tänzerin Rike Jürgens aus Langen möchte trotz ihrer sportlichen Erfolge nicht beruflich tanzen

Foto: Andree Meyer/ Tanzschule Beer

Rike Jürgens18, ist 2019 bei der WM in Bremerhaven Weltmeisterin im Hip-Hop-Tanzen geworden. Nächstes Jahr macht sie Abitur. Berufstänzerin möchte sie nicht werden.

Interview Mahé Crüsemann

taz: Frau Jürgens, waren Sie überrascht, dass Sie als Hip-Hop-Tänzerin zur Bremer Sportlerin des Jahres 2019 gekürt worden sind?

Rike Jürgens: Ja, das ist auf jeden Fall ungewöhnlich. Hip-Hop ist noch eine Randsportart, aber es ist im Kommen. Immer mehr Kinder und Jugendliche interessieren sich dafür. Es steckt noch nicht so viel Geld drin wie in anderen Bereichen, das merkt man zum Beispiel daran, dass es bei unseren Turnieren kein Preisgeld gibt. Hip-Hop ist zum Beispiel auch nicht olympisch, es gibt keinen Kader. Ich finde, das ist schade, denn es ist eine schöne Sportart.

Warum ist es Ihrer Meinung nach so eine Randsportart?

Viele denken noch, dass Leute, die Hip-Hop tanzen, keine netten Menschen sind und sich unfreundlich verhalten. Das sind Vorurteile, die durch die Geschichte und natürlich auch durch die Kleidung kommen, die man beim Tanzen so trägt. Ich trage oftmals weite Sachen, das gehört einfach dazu. Im Turnierbereich, wo ich tanze, ist aber alles sehr solide, sehr sozial, es gibt auch Teamgeist und Gemeinschaft.

Und die Coronapandemie hat das erst einmal unterbrochen?

Ja, für mich war das echt ein bisschen komisch. Ich konnte das gar nicht richtig wahrnehmen. In die Tanzschule konnte ich nicht gehen, weshalb ich nach einiger Zeit angefangen habe, mich zusätzlich mit Joggen fit zu halten. Ich habe gemerkt, ich bin nicht in Topform, bin etwas raus und muss wieder viel trainieren. Ich habe in dieser Zeit aber versucht, meine Gedanken etwas umzudrehen und das Positive zu sehen: Man kann immer weiter an sich arbeiten, vor allem jetzt mit einem freien Kopf. Das war eine Pause wegen Corona: Jetzt geht es wieder los, mit neuer Energie.

Gibt es denn schon wieder Turniere?

Die WM wäre im Herbst in Italien gewesen, das wurde natürlich direkt abgesagt. Jetzt gibt es Ideen, dass man das online macht, zum Beispiel über Zoom. Das ist aber nichts für mich. Da kann es an Kleinigkeiten scheitern: Die Internetverbindung ist schlecht oder die Musik kommt nicht richtig bei mir an, das ist es mir nicht wert. Da bereite ich mich lieber auf das nächste Jahr vor.

Was steht da an?

Wie es nächstes Jahr mit Turnieren aussieht, muss man dann mal gucken. Generell freue ich mich nach Corona aber auf das Miteinander- Tanzen. Ich tanze zwar solo, aber in der Tanzschule und auf Turnieren trifft man sich und man tanzt auch mal zusammen. Das ist einfach richtig schön. Ich habe zwar kein konkretes Ziel für nächstes Jahr, aber über eigene Erfolge würde ich mich sehr freuen. Ich muss mal gucken, wie das mit Schule und Tanzen klappt. Wenn ich dann nächstes Jahr Abi mache, muss ich es vielleicht ein bisschen zurückfahren. Abi ist ja nur einmal im Leben. Im Moment ist die Balance gut, vielleicht bleibt das auch so.

Haben Sie noch andere Hobbys?

Nein, es bleibt eigentlich keine Zeit für andere Sachen. Ich bin normalerweise fünf mal die Woche in der Tanzschule. Ich unterrichte auch selber Gruppen, trainiere also nicht die ganze Zeit selbst. Klar, ich tanze viel, aber ich treffe mich auch trotzdem mit meinen Freunden. Man muss das einfach richtig gut planen. Wenn das dann aber alles gut läuft, bin ich auch stolz auf mich. Ich habe es mir ja ausgesucht.

Wie geht es denn nach dem Abitur dann weiter für Sie?

Viele fragen mich, ob ich auch Tänzerin von Beruf werden möchte später, aber momentan würde ich das nicht so gerne machen. Tanzen ist sehr körperlich und man muss sehr gut auf sich achten und verletzt sich leicht. Ich weiß noch nicht ganz genau, in welche Richtung ich später gehen möchte, aber ich kann mir ein Lehramtsstudium gerade ganz gut vorstellen. Als Tanzlehrerin unterrichte ich ja auch Gruppen und beim Tanzen muss ich auch präsent sein und auf der Bühne stehen. Das liegt mir also. Ich habe mich aber noch nicht richtig festgelegt.