Berliner Stimmen aus der Quarantäne (9): „Ich will tanzen“

Die Schriftstellerin Sarah Schmidt hat mit dem Stricken angefangen und freut sich darauf, wenn die Berliner Clubs irgendwann wieder aufmachen.

Wann wird es wieder DJ-Sets mit Publikum geben? Foto: Wikimedia Commons/cyphunk

taz: Frau Schmidt, was würden Sie in einer Welt ohne Covid 19 gerade machen?

Sarah Schmidt: Vermutlich genau das, was ich auch jetzt tue. Am Schreibtisch sitzen, ein Manuskript überarbeiten, ein anderes beginnen. Obwohl, mir ist eine spezielle Recherche nicht möglich. Es geht um Berliner Clubs, die in meinem neuen Roman vorkommen. Da müsste ich noch etwas nachprüfen, das geht aber aus den bekannten Gründen nicht. Ich hoffe auf den Herbst.

Was haben Sie zuletzt gestreamt, das Sie besonders gut oder schlecht fanden? Und warum?

Ich habe den Bachmannpreis fast vollständig gestreamt. Fand ich ziemlich gelungen, bis auf die fehlende Zeit für die GewinnerInnen. Es war unwürdig, ihnen aus Zeitgründen jede Reaktion zu verbieten. Auch den Podcast vom Literaturcafé habe ich dabei täglich mitverfolgt. Ganz toll aus der letzten Zeit sind auch die alten Tonbandaufnahmen von Wolfgang Siebeck. Ein riesiges Vergnügen! Da lebt das alte Westberlin mit seiner grausam schlechten Küche wieder auf. Auch sehr schön, wie er sich langsam betrinkt. Das höre ich und tue es ihm nach.

Sarah Schmidt, geb. 1965 in Dinslaken, seit 1976 in Berlin, ist Schriftstellerin und Autorin. In den Nullerjahren schrieb sie die taz-Fußball-Kolumne „Sarah BSC“, 2014 den Roman „Eine Tonne für Frau Scholz“ (Verbrecher Verlag) und 2015 für die taz den Fortsetzungsroman „WIR:HIER“. 2017 erschien Schmidts Roman „Weit weg ist anders“ bei Suhrkamp/Insel. www.sarah-schmidt.de

Was halten Sie vom (oft kostenlosen) Streaming von Theateraufführungen, Konzerten, DJ-Sets oder Lesungen?

Tja. Mich erreicht das alles eher nicht. Ich verbringe schon ohne Corona viel Zeit am Computer, in meiner Freizeit zieht es mich nach draußen und unter Menschen. Ich verstehe die Künstler total, aber mich deprimiert ein DJ-Set ohne Publikum mehr, als dass es mich zum Tanzen bringt.

Welchen Ort in Berlin vermissen Sie gerade am meisten?

Ich will tanzen! Reicht das als Antwort?

Womit vertreiben Sie sich aktuell am liebsten die Zeit? Welche Routinen haben Sie seit dem Lockdown entwickelt?

Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.

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Am letzten Tag vor dem Lockdown habe ich mir ein 10.000-Teile Puzzle gekauft. Für ein paar Tage hat das prima als Ablenkung für den Kopf funktioniert, genau bis zu dem Tag, an dem der Kater es entdeckt hat... Dann habe ich angefangen zu stricken. Wolle interessiert den Kater zum Glück nicht. Ansonsten hat sich nicht so viel verändert. Nur dass ich manchmal in Panik gerate, meine Maske vergessen zu haben. Heute Nacht habe ich das sogar geträumt.

Ist die Pandemie nur Krise oder auch Chance?

Nur Krise. So viele Tote. So viele auf diversen Ebenen dauerhaft Geschädigte. So viele, die alleine sind, ohne es zu wollen. Nein, ich kann daran nichts Positives finden. Ich empfinde es als wohlfeil, wenn Menschen jetzt zum Beispiel die Vorteile vom Homeoffice oder die Zeit loben, die sie mit ihren Kindern verbringen dürfen, oder darüber sprechen, wie toll es ohne Flugzeuglärm ist. Ich befürchte, es wird weder für die Krankenhäuser noch für alle anderen sozialen Tätigkeiten spürbare Verbesserungen geben.

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