Lebensqualität – für die TTZ-Chefetage

BREMERHAVEN Günstlingswirtschaft und konzeptionsloser Führungsstil: In einem offenen Brief erheben Mitarbeiter des TTZ Bremerhaven schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsführung

„Dienstwagen werden sondern nach persönlichen Sympathien und zum eigenen Machterhalt zugeteilt“

Das TTZ in Bremerhaven, „Technologie-Transfers-Zentrum“, ist in die Schlagzeilen geraten. Das TTZ wirbt mit dem Slogan „Forschung für mehr Lebensqualität“ für sich und ist für die Bremer Wissenschaftspolitik ein wichtiges Aushängeschild. Rund 700.000 Euro bekommt das TTZ vom Senat, rund zehn Mal so viel bekommt es über EU-Töpfe – Jörg Peters von der Bremer Wirtschaftsbehörde ist als „Vorstands-Vorsitzender“ für die Aufsicht verantwortlich, das TTZ ist also ein quasi-staatliches Institut mit 90 MitarbeiterInnen.

Einige von ihnen haben kürzlich einen offenen Brief an verschiedene Adressaten der Bremer Politik geschickt und harte Vorwürfe insbesondere gegen Geschäftsführer Werner Mlodzianowski auflistet. Auf einen Nenner gebracht: Während Mlodzianowski sich einen Cabriolet als „Dienstwagen“ leiste, wird mit den Mitarbeitern, für die kein Tarifvertrag gilt, über den Verzicht auf das Weihnachtsgeld verhandelt. Hintergrund: Das TTZ muss 330.000 Euro zurückzahlen, die die EU seit dem Jahre 2011 zurückfordert.

Die FDP, die den Vorgang öffentlich gemacht hat, hat daher den Wirtschaftssenator aufgefordert, sich zumindest für einen Tarifvertrag einzusetzen; weil die Kontrolle des Wirtschaftsressorts versagt habe, solle der Rechnungshof sich des Falles annehmen.

Mlodzianowski ist im Urlaub und geht nicht an sein Handy, der Aufsicht führende Jörg Peters ist in Urlaub und hat per Mail mitgeteilt, er halte die Vorwürfe für überzogen. Der Wirtschaftssenator Martin Günthner hat am vergangenen Freitag mitgeteilt, seiner Ansicht nach könne es nicht sein, dass ein Betrieb wie das TTZ keinen Tarifvertrag abschließe. Die Vorwürfe sollen im einzelnen geklärt werden.

In dem offenen Brief wird konkretes Insiderwissen ausgebreitet. Obwohl die drohenden Rückforderungen seit 2010 bekannt seien, habe der Geschäftsführer keine Rückstellungen dafür in den Haushalt eingestellt, 2011 seien nur 190.000 Euro zurückgezahlt worden. Die Mitarbeiter hätten in den Jahren 2010 und 2011 keine Lohnerhöhungen bekommen, jetzt würden sie angesprochen, ob sie zum Ausgleich für die offene Zahlung auf das Weihnachtsgeld verzichten könnten.

Für die Chefetage und einzelne Mitarbeiter gelte die Finanzknappheit dabei offenbar nicht: Im Herbst 2011 seien fünf TTZ-Mitarbeiter eine Woche nach Madrid geflogen, um dort Einstellungsgespräche zu führen. Der Geschäftsführer gönne sich auf Betriebskosten Japanisch-Einzelunterricht, während der Kindergartenzuschuss gestrichen worden sei. Dienstwagen würden „nicht nach wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern nach persönlichen Sympathien und zum eigenen Machterhalt zugeteilt“. Inzwischen gebe es 15 Dienstwagen zum privaten Gebrauch.

Auf einer Betriebsversammlung sei eine ganze Liste von Fragen an die Geschäftsführung gestellt worden, auch die nach den bilanztechnisch erforderlichen Rücklagen, der Geschäftsführer habe das aber offenbar nicht als Warnung verstanden, sondern habe teilweise „in zynischem Ton“ geantwortet. „Keine der gestellten Fragen wurden auch nur annähernd befriedigend von der Geschäftsführung beantwortet“, heißt es in dem offenen Brief – der Führungsstil „offenbart eine gewisse Konzeptionslosigkeit“.

Nun hat sich der Betriebsrat des TTZ zu Wort gemeldet: „Nicht alle Mitarbeiter des TTZ Bremerhaven identifizieren sich mit dem Vorgehen einiger Kollegen, die sich mit einem offenen Brief an die Politik gewendet haben“, heißt es in einer Mail, die an die Adressaten des offenen Briefes ging. Der Betriebsrat „distanziert sich ausdrücklich davon“ und setzt „weiterhin auf eine konstruktive Diskussion“ mit der Geschäftsführung. KAWE