Andreas Speit
Der rechte Rand
: Welche Gesinnung das Landvolk offenbart

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Pflug und Schwert: Diese Symbole prangten am vergangenen Wochenende an vielen Traktoren der Landwirte, die in Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und Flensburg gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung und der EU protestierten. Bereits vor wenigen Wochen hatten Eiderstedter Bauern diese beiden umstrittenen Symbole für ihren Protest genutzt – das blieb nicht ohne Kritik. „Heute kann niemand mehr sagen, er wisse nicht, für was diese Symbole stehen“, sagen Katrin Samulowitz, Peter Schröder und Uta Bergfeld, Sprecher*innen der Kreisverbände der Grünen in Nordfriesland und Schleswig-Flensburg. „Dazu ist es viel zu sehr in den Medien gewesen. Spätestens jetzt ist es eindeutig Absicht, sich mit der Gesinnung der Landvolkbewegung gemein zu machen.“

Der Pflug steht traditionell für die Landwirtschaft, das Schwert für den Kampf. Und zusammen wird es in Schleswig-Holstein problematisch, denn die schwarze Fahne der Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein zierte bereits Ende der 1920er-Jahre ein silberner Pflug und ein rotes Schwert. Und eben diese Landvolkbewegung organisierte damals einen Steuerboykott und verübte mehrere Sprengstoffanschläge auf Landrats- und Finanzämter und auf Privathäuser einzelner Regierungsbeamter. Mit der NSDAP hatten sie nicht nur den Hass auf die Weimarer Republik gemein. Ganz offiziell distanzierte sich die NSDAP wegen der Anschläge zwar vom Landvolk, aber viele der Landvolkakteure traten früh der Partei bei.

Die schleswig-holsteinische Landvolk-Bewegung um Claus Heim und Wilhelm Hamkens spielte der NSDAP schon früh mit ihren antisemitischen und antikapitalistischen Argumentation in die Hände. Es war kein Zufall, dass die NSDAP bei der Reichstagswahl 1928 in den beiden Dithmarscher Wahlkreisen jeweils circa 17 Prozent und in Steinburg etwa zehn Prozent der Stimmen erreichte. Reichsweit lag die NSDAP damals lediglich bei etwa 2,6 Prozent.

Nach der ersten Protestaktion vor ein paar Wochen erklärte Landwirt Jann-Henning Dircks aus Norderfriedrichskoog dem NDR, dass die Kritik kein Grund sei, die Symbole nicht für ihren heutigen Protest gegen die Agrarpolitik zu wählen. Die Fahne mit Pflug und Schwert symbolisiere den Zusammenhalt der Landwirte. Damals wie heute ginge es den Landwirten schlecht. „Was daraus geworden ist, da mag jeder die Geschichte anders interpretieren“, sagte Dircks, der Bürgermeister der Gemeinde Norderfriedrichskoog ist. Nicht ohne zu betonen, dass man sich „von jeglicher Gewalt“ distanziere. Man bastele keine Bomben.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

„Das kann man nicht einfach als eine Protestbewegung verzweifelter Bauern Ende der 1920er-Jahre abtun, die sich heutige Landwirte zum Vorbild erkoren haben“, kritisieren hingegen die drei grünen Kreispolitiker*innen. Sie verweisen auch darauf, das der Landesbauernverband und der Verband „Land schafft Verbindung“ sich von diesen Symbolen und der dahinter stehenden Gesinnung nicht nur distanzierten, sondern auch ihre Berufskollegen aufgefordert haben, Pflug und Schwert nicht zu weiter als Symbol zu verwenden.