Die Wahrheit: Akku fratze, Intelligenz tot

Wer jederzeit Zugriff auf künstliche, auf mobile, auf Intelligenz to go hat, der muss für den Ernstfall aber sowas von gewappnet sein. Eine Anleitung.

Wieso ist künstliche Intelligenz eigentlich manchmal so doof? Na ja, das ist möglicherweise eine doofe Frage. Was auch daran liegen könnte, dass der Fragesteller nicht oft genug „hier“ geschrien hat, als der liebe Gott die natürliche Intelligenz verteilt hat.

Macht aber nichts, das ist meistens kein Problem. Ich habe ja normalerweise jederzeit Zugriff auf künstliche, auf mobile, auf Intelligenz to go. Muss ja nur mal kurz durchwischen – nein: drüberwischen! Dann ist meistens sofort alles da.

Nun gibt es aber doch diese Tage, an denen das mobile Gehirn nicht kann, weil es scheintot ist. Also leer. Voll leer! Das kennt man doch auch von der eigenen Intelligenz. Von jetzt auf gleich: tschüss. Blackout. Nur noch diese unendliche Leere. Als hätte einer den Stecker gezogen. Genau wie beim Smartphone.

Vor Kurzem noch wurde ich kalt erwischt von einem extra für mich einberufenen dreiminütigem Zwischentief über der Fußgängerzone. Ich hatte den Mobilknochen nicht, wie es sich gehört, am Herzen, sondern in der Außentasche getragen, dann Sturm, Hagel, eisige Nässe. Und dann wollte ich nur mal kurz aufs Regenradar patschen, um zu kontrollieren, ob das schlechte Wetter auch tatsächlich stimmt, aber: No Signal, no reaction, Burnout! Akku fratze. Künstliche Intelligenz tot.

Doch selbst wenn ich noch zwei Prozent residual charge gehabt hätte, wäre es ja keineswegs gewährleistet gewesen, dass ich die Entsperrung hinbekommen hätte. Unter Stress fällt mir ja manchmal noch nicht mal das Geburtsdatum oder der Hochzeitstag mit den eingewobenen Sonderzeichen ein, also der Code. Alles weg! Nur noch diese unendliche Leere. Ist es nicht furchtbar, wenn plötzlich beide Systeme ausfallen? Das natürliche und das künstliche?

Doch ich will nicht nur schwarzmalen. Es gibt schon noch Hoffnung. Der Fortschritt schreitet ja fort, als bekäme er es bezahlt. Die neuen Geräte sind so dermaßen entwickelt, dass natürliche Intelligenz praktisch gar nicht mehr erforderlich ist. Brauchst du nicht. Kannst du komplett vergessen. Selbst, wenn du nicht mehr weißt, wer du bist – dein Gerät weiß es. Es hat Gesichtserkennung und Gesichtsentsperrung.

Du musst nur wissen: Damit dein Gerät sich mit deinem Gesicht entsperren kann, solltest du noch ungefähr so aussehen wie zu dem Zeitpunkt, als das Gerät dich kennengelernt hat. Da reicht ja schon ein Zwölftagebart oder ein neues Tattoo, das dir am Hals hochwächst oder ein Lippenherpes oder eine nicht rechtzeitig heruntergezogene Maske und – zack – bist du für das Gerät ein Fremder. Das ist ja ohnehin ein generelles Kennzeichen unserer modernen Gesellschaft: die Entfremdung. Warum sollte es den Geräten da anders gehen als uns?

Zur Sicherheit führe ich deswegen jetzt immer ein Eigenfoto vom Tag des Gerätekaufs mit, das ich dem Apparat zeigen kann. Sonst hätte ich im Ernstfall keinen Zugriff mehr auf meine künstliche Intelligenz. Und das wäre ja doof.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.