Streit um Mülledeponie Grauer Wall: Und immer wieder lodert der Abfall

In Bremerhaven brannte das Müll-Zwischenlager. CDU und Linke wollen es schließen – daraus wird nichts, auch wenn die Stadt die Deponie gern los wäre.

Brennende Mülldeponie mit dichten Rauchwolken

Der Rauch des Feuers war weithin sichtbar, aber laut Feuerwehr ungefährlich Foto: Feuerwehr Bremerhaven

BREMEN taz | Nach einem Brand im Zwischenlager der Mülldeponie Grauer Wall in Bremerhaven fordern Die Linke und die CDU dessen Schließung.

Laut der Feuerwehr war am Donnerstag aus ungeklärter Ursache Frischmüll auf einer Fläche von rund 1.000 Quadratmetern in Brand geraten. Eine direkte Personengefährdung habe trotz der starken Rauchentwicklung nicht bestanden, so die Feuerwehr: „Es konnten keine erhöhten Schadstoffkonzentrationen gemessen werden.“

Für die CDU klingt dies „wenig glaubhaft“ – wegen der umliegenden Wohnbebauung könnten Gefahren für die Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden, so Bremerhavens CDU-Fraktionschef Thorsten Raschen. „Das Zwischenlager auf der Deponie muss jetzt geschlossen werden“, sagt er. Vom Umweltschutzamt fordert er, „kurzfristig“ einen Ersatzstandort zu suchen, „der weit genug vom nächsten Wohnbereich entfernt ist.“

Aus der Linkspartei ist Ähnliches zu hören: Rauch durch brennenden Müll sei hochgiftig, sagte die Fraktionssprecherin der Linken in der Stadtverordnetenversammlung, Petra Brand. „Das Zwischenlager auf dem Grauen Wall muss sofort geschlossen werden“, fordert sie. Der Brand sei schließlich kein Einzelfall.

Selbst die FDP findet es „belastend, dass es schon wieder einen Brand auf dem Deponiegelände gegeben hat“. Der Betreiber müsse mehr tun, „um diese Brände zu verhindern“, findet die FDP, die, wie auch CDU und Linkspartei die späte Alarmierung der Bevölkerung rügt.

Die Stadtregierung will die Deponie dicht machen

In ihrem Koalitionsvertrag für Bremerhaven haben SPD, CDU und FDP beschlossen, ein Konzept zu entwickeln, um „bis spätestens 2030“ die Deponie, zu der das Zwischenlager gehört, „für neue Abfälle“ zu schließen. Der Haken, auch das steht im Vertrag: Da der Betreiber, die Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG), über eine gültige Genehmigung verfügt, „muss er in entsprechende – freiwillige – Lösungen eingebunden werden“.

Bereits 1972 hatte der Magistrat versprochen, die Deponie in absehbarer Zeit wieder zu schließen. Daraus wird auch jetzt nichts: „Wir müssen wohl davon ausgehen, dass die BEG Regressforderungen geltend machen würde, wenn die Genehmigung entzogen würde“, sagte Umweltdezernentin Susanne Gatti der taz. „Und ich nehme auch nicht an, dass die BEG von sich aus ein anderes Zwischenlager suchen wird.“ Das Umweltschutzamt, antwortet Gatti der CDU, habe keinerlei Zuständigkeit, ein neues Zwischenlager zu suchen oder das jetzige zu schließen.

Die BEG gehört mehrheitlich zum Remondis-Konzern, der weltweit mehr als 30.000 MitarbeiterInnen beschäftigt. Die Stadt Bremerhaven ist nur zu 25,1 Prozent an der BEG beteiligt. Das Unternehmen sah sich am Montag außerstande, Fragen der taz zu beantworten.

Die 20 Hektar große Mülldeponie Grauer Wall wird seit 1958 betrieben, der dortige Abfall stammt laut Bremer Umweltressort zu 95 Prozent aus Bremerhaven. Darunter sind Stoffe, die als „gesundheitsschädlich, krebserregend, fortpflanzungsgefährdend und erbgutverändernd“ gelten – Asbest etwa oder Rückstände aus der Bremerhavener Müllverbrennungsanlage. Welche Abfallmengen auf der Deponie liegen, konnte der Senat aber schon vor fünf Jahren nicht so genau sagen, als die FDP in der Bremischen Bürgerschaft mal danach gefragt hatte – damals war von circa drei Millionen Kubikmetern die Rede. 2012 hatte der damalige Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) zugestimmt, dass die Deponie weiter betrieben und der Müllberg um eineinhalb Millionen Kubikmeter auf dann 52 Meter Höhe vergrößert werden kann. Der Senat geht davon aus, dass das “noch für einige Jahrzehnte ausreichen“ wird.

Die Bürgerinitiative (BI) „Keine Erweiterung Grauer Wall“ hatte erfolglos gegen die Erweiterung geklagt. Dass der Müll, der nun gebrannt hat, ungiftig war, glaubt die BI nicht: „Die beschwichtigende Darstellung der Behörden und der lokalen Presse spiegeln die Realität nicht wieder.“ Das Zwischenlager, erklärt die BI, wurde einst eingerichtet, um den angelieferten Müll bis zu einem Jahr zu lagern, bevor er dann verbrannt wird. Die BI geht davon aus, dass der Abfall auf der Deponie „aus dem gesamten europäischen Ausland von Irland bis Neapel“ nach Bremerhaven kommt.

„Die Brände auf der Deponie sind nichts, was ich ignorieren oder verharmlosen möchte“, sagt dagegen Umweltdezernentin Susanne Gatti. Der jetzige sei aber der erste Brand in diesem Jahr am Grauen Wall gewesen, 2019 habe es einen gegeben.

Für Genehmigung der Deponie sowie des Zwischenlagers ist das grün regierte Umweltressort in Bremen zuständig. Und dort heißt es: „Der Standort war und ist weiterhin geeignet für den Betrieb einer Deponie“. Die sehr strengen Anforderungen würden „immer eingehalten und stellenweise deutlich übertroffen“.

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