Bordelle mit Konzept

Beim Tag der offenen Tür klären Sexarbeiter*innen der Herbertstraße über Corona-Hygienemaßnahmen auf

„Wir sind keine Virenschleudern“

Annemarie, Wirtschafterin im Bordell

Bei einem Tag der offenen Tür haben Hamburger Sexarbeiterinnen aus der Herbertstraße ein eigenes Konzept für die Coronazeit vorgestellt. Mit Masken, Kondomen, strikten Hygieneregeln und abstandswahrenden Sexstellungen könnten ihre Dienstleistungen ohne erhöhtes Infektionsrisiko angeboten werden, sagten am Donnerstag Mitglieder der Gruppe „Sexy Aufstand Reeperbahn“, die eine Wiederzulassung des Bordellbetriebs fordern.

Der Leiter des Bezirksamts Mitte, Falko Droßmann (SPD), äußerte Verständnis. Durch das coronabedingte Verbot verlagere sich das Sexgeschäft in die Illegalität. „Aber die einzigen, die es sauber machen, die es legal machen, die sozialversichert sind und es freiwillig machen, die dürfen nicht.“

Zwar habe der Bundesverband sexuelle Dienstleistungen (BSD) bereits ein Hygienekonzept vorgelegt, sagte die 57-jährige Annemarie, die als Wirtschafterin in einem Bordell in der Herbertstraße arbeitet, aufgrund der Besonderheiten in der Herbertstraße habe man sich aber für einen eigenes Konzept entschieden, mit dem man den Behörden klarmachen wolle, dass es keinen Grund gebe, die Prostitution weiter zu verbieten. „Wir sind keine Virenschleudern und wir wollen auch keine sein“, sagte sie.

„Damit die Abstandsregelung eingehalten wird, mussten wir natürlich Plätze wegnehmen“, erklärte die Wirtschafterin, die früher selbst in der Herbertstraße angeschafft hat. Zwischen den sogenannten „Schotten“, in denen normalerweise die Damen leicht bekleidet und dicht an dicht hinter Fenstern ihre Dienste anbieten, hängen nun Plexiglasscheiben. Auf den nun freibleibenden Barhockern wurden Gummipuppen gesetzt, die Türklinken mit keimhemmendem Kupferband umwickelt.

„Beim Gespräch mit dem Gast am Fenster wird Mundschutz getragen und wir achten darauf, dass auch der Gast Maske trägt.“ Kommt er rein, wird die Maske gegen eine neue getauscht, außerdem werden die Hände desinfiziert. Auf dem Zimmer müssten die Geschlechtsteile von Prostituierter und Gast davor und danach gewaschen werden, sagte sie. Persönliche Daten müssen wie beim Restaurantbesuch auch im Puff zur Nachverfolgung im Infektionsfall hinterlegt werden. Kondome sind schon seit Jahren Pflicht. In den Zimmern werde nach jedem Besuch die Wäsche gewechselt und ordentlich gelüftet, glatte Oberflächen desinfiziert.

Auf weitere Lockerungen müssen Sexarbeiterinnen und Bordellbetreiber aber noch warten. Erst Ende August wird sich der Senat wieder damit befassen. (dpa)