berliner szenen
: Mietwagen, Kind rein, fertig

Samstagvormittag im RE3. Die Schulferien haben begonnen, und der Bürger drängt zur Waterkant. (Weiter kommt er ja momentan auch nicht.) Das Kind und ich wollen zum Hunde-Opa nach Brandenburg, das erste Mal seit Februar. „Ja, ich weiß, super Timing“, sage ich zu Paul, der uns zum Zug bringt. Menschen, Kinder, Hunde, Koffer, Fahrräder, und der Zug ist halb so lang, wie er sein müsste. Alles wie immer also. Von wegen Abstandregeln. Paul labert hektisch auf mich ein. Er redet von Luftbewegung „… Ansteckung unwahrscheinlich … hat man bisher nicht gehört …“ Eigentlich versucht er, sich selbst zu beruhigen. Sein Tonfall verrät: Es funktioniert so mittel. Das Kind lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das wirklich Wichtige: „Tuuug!“, ruft der Zweijährige. „Da Tuuug! Chiiiene!“ Die S- und Z-Laute wollen noch nicht so richtig.

Ins Fahrradabteil reinzukommen versuchen wir gar nicht erst. Wir bleiben im ­Vorraum stehen, zusammen mit einer anderen Familie mit Kinderwagen. Rücksichtslose Rentner („Ick bin schwerbehindert! Wolln Se ’n Ausweis sehn?!“) ballern an uns vorbei. Ich schnalle das Kind im Wagen an, stelle mich schützend davor und sage nicht, dass ich auch ­einen Schwerbehindertenausweis habe. Das Kind ist mucksmäuschenstill. Überlebensmodus. Ich mach doch Führerschein, denke ich. Ich hab keinen Bock mehr auf die Scheiße. Mietwagen, Kind rein, fertig.

Als der Zug fährt, orientiere ich mich. Die Familie, mit der wir uns den Vorraum teilen, ist sechsköpfig. Vater, Mutter und vier Kinder, das älteste ein Teenager, das jüngste sechs Wochen alt. Sie wollen zur Ostsee. „Ihr seid ja sportlich!“, murmele ich beeindruckt. Eigentlich hätten sie einen Van gemietet, erzählt die Mutter, aber der sei ihnen vor drei Tagen gekündigt worden. „Einfach so.“ So viel zum Thema Führerschein. Lea Streisand