Meisterschaft für Zenit St. Petersburg: Nicht nur logisch

Zenit St. Petersburg ist wieder Meister. Trainer Sergei Semak wird mit Lob überhäuft, durchaus zu Recht.

Spieler Artjom Dsjuba läuft nach einem Treffer mti dem Ball unter dem Arm zurück und klatscht mit Kapitän Branislav Ivanovic ab

Hübsche Symmetrien, und auch sonst erfolgreich: Branislav Ivanovic und Artjom Dsjuba (rechts) Foto: Dmitri Lovetsky/ap

Klar, es hagelt Superlative, nachdem Zenit St. Petersburg zum siebten Mal die russische Meisterschaft gewonnen hat. Vier Spieltage vor dem Ende der Saison hatte die Mannschaft von Trainer Sergei Semak mit einem 4:2 beim FK Krsnodar den zweiten Titel in Serie sichergestellt – so früh wie noch keine Mannschaft in Russland zuvor. Kein Wunder, dass man in St. Petersburg die Klubfahne am 105 Meter hohen und damit längsten Fahnenmast der Welt gehisst hat.

Dort weht sie nun neben dem Lachta-Zentrum, dem mit 462 Metern höchsten Gebäude Europas, in dem die Zentrale von Gazprom, dem größten erdgasfördernden Unternehmen der Welt, zu dessen Besitz auch Zenit St. Petersburg gehört, untergebracht ist. Und auch wenn euphosierte Fans die Mannschaft in den frühen Morgenstunden mit jeder Menge Pyortechnik am Flughafen empfangen haben, so löst der Erfolg von Zenit nur wenig Euphorie aus in Russland.

Zu logisch erscheint er vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Überlegenheit des Klubs. Nicht einmal die traditionell breitbrüstigen Klubs aus Moskau, Dynamo, Spartak, ZSKA und Lokomotive, der Meister von 2018, hatten diesmal den Hauch einer Chance auf den Titel. Doch so einfach war der Weg von Zenit zurück an die Spitze des russischen Fußball nicht.

Da ist zum einen der Trainer. Sergei Semak, der schon als Spieler für Zenit unterwergs war. Er hat 2015 ein Team übernommen, das vergleichswerise kaputt war. Der italienische Trainer Roberto Mancini, heute Nationaltrainer in seiner Heimat, war mit viel Vorschusslorbeeren und fünf argentinischen Legionären in die Saison 2017/18 gestartet und am Ende nur auf Platz fünf eingelaufen.

Semak wurde skeptisch empfangen

Nachdem Zenit in den zwei Jahren zuvor schon jeweils die Teilnahme an der Champions League verpasst hatte, schaffte das Team diesmal gerade einmal so in die Quualifikation für die Europa League. Mancini ging und Sergei Semak wurde als Trainer verpfichtet.

Der hatte nicht viel Erfahrung, war gerade einmal eine Saison Errstligatrainer in Ufa und wurde dementsprechend skeptisch empfangen. Er schaffte es, um dem russischen WM-Star Artjom Dsjuba, den Mancini noch als völlig unbegabt bezeichnet hatte, ein zuverlässiges Team aufzubauen. Dsjuba, der Stoßstürmer, der mit seinem wuchtigen Körper so wirkt, als stamme er aus der Fußballsteinzeit, hat sich unter Semak zum König von St. Petersburg entwickelt. 16 Tore hat er in dieser Spielzet geschossen, dazu zehn Vorlagen geliefert, Werte, die in der russischen Premier Liga ihresgleichen suchen.

Semaks Leistung ist aller Ehren wert

Trainer Semak jedenfalls kann sich auf ihn verlassen, so wie sich die Verleinsführung auf ihn verlassen kann. Er jedenfalls hat nicht aufgemuckt, als man vor Saisonbeginn angeordnet hat, ein halbe Fußballmannschaft zum FK Sotschi zu transferieren, damit der Retortenklub, den man dorthin verpflanzt hat, um das Olympia- und WM-Stadion bespielen zu können, in der Liga mithalten kann. Und als im Wintertrainingslager der gerade aus der Strafkolonie entlassene Schläger und Stürmer Alexander Kokorin zeigte, was er kann, hätte ihn Semak gerne in die Mannschaft integriert.

Durfte er aber nicht. Auch Kokorin wurde zum FK Sotschi zwangsverliehen. Toptransfer Malcom, der für 40 Millionen Euro aus Barcelona geholt worden war, war dann noch dazu fast die ganze Saison hindurch verletzt. Wie es Semak dennoch geschafft hat, eine Meistermannschaft zu bilden, ist jedenfalls aller Ehren wert und vielleicht doch nicht einfach nur logisch.

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