Queere Bewegung in Polen: Protest mit Regen­bogen-Madonna

Der polnischen Aktivistin Elżbieta Podleśna droht Haft – nur weil sie eine Madonna mit Heiligenschein in Regenbogenfarben verziert hat.

Elżbieta Podleśna mit Madonna-T-Shirt und Regenbogenflagge

Elżbieta Podleśna im Mai 2019 auf der Demonstration zum Internationalen Tag gegen Homophobie Foto: Attila Husejnow/ZUMA Press/imago

Es war eine Ikone, die Elżbieta Podleśna zur Ikone der queeren Bewegung machte. Jetzt geht es darum, die 51-jährige Aktivistin nicht zur Märtyrerin werden zu lassen. Auf Protestpostern hatte Podleśna im letzten Jahr die Schwarzen Madonna von Tschenstochau, ein nationales Symbol Polens, mit einem regenbogenfarbenen Heiligenschein versehen. Der grassierenden Homo- und Transphobie in ihrem mehrheitlich katholischen Land wollte die gelernte Psychotherapeutin damit ein Zeichen entgegensetzen.

Diese Regenbogenmadonna war im Pride-Monat 2020 wieder vermehrt zu sehen. Zuletzt trugen am Samstag LGBTIs in Berlin das Bild durch die Straßen. „Solidarnośc z Elżbietą Podleśną“ lautete die Solidaritätsbekundung darunter.

Denn noch immer droht Podleśna der Ikone wegen eine zweijährige Haftstrafe. Der Vorwurf: Die Beleidigung religiöser Gefühle. Podleśna wurde 2019 festgenommen und mehrere Stunden von der Polizei verhört. Ihr Laptop und Telefon wurden beschlagnahmt. Der damalige Innenminister Joachim Brudziński bedankte sich bei der Polizei für die Razzia und sprach von einer „Entweihung des für die Polen seit Jahrhunderten als heilig geltenden Madonna-Bildes“. Im März diesen Jahres entschied ein Gericht, dass die Polizeiaktion rechtswidrig war und sprach der Aktivistin eine Entschädigung zu. Der Blasphemie-Vorwurf jedoch blieb.

„Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werde ich seither als Volksfeindin diffamiert. Es wurde sogar eine Dokumentation mit dem Titel,LGBT-Invasion' gedreht“, sagte Podleśna dem Magazin Profil. „Inzwischen habe ich meinen Job gekündigt. Die Hälfte der Belegschaft war für mich, die andere Hälfte gegen mich. Ich habe es satt, wie versucht wird, mein Leben zu ruinieren“, sagte Podleśna dem österreichischen Magazin.

Der Streit über die Regenbogen-Madonna gehört zu einer viel größeren Debatte zwischen Liberalen und Konservativen, die seit Jahren die Gemüter erhitzt und sich aktuell bei der Präsidentschaftswahl zuspitzt. Präsident Andrzej Duda und die ihm verbundene PiS-Partei nutzen im Wahlkampf Anti-LGBTI-Ressentiments, um bei Konservativen und Rechten punkten zu können.

Ausländische Ideologie

Vor zwei Wochen unterzeichnete Duda eine „Familien-Charta“, die sich gegen die Ehe und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ausspricht und nannte die „ausländische“ LGBTI-„Ideologie“ eine größere Gefahr für Polen, als der Kommunismus es gewesen sei.

Für queere Menschen, viele Frauen und Elżbieta Podleśna liegt die Hoffnung nun auf der Stichwahl am 12. Juli, bei der Duda gegen den gemäßigten Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski antritt. Dieser hatte versprochen, als Präsident gegen queerfeindliche Hassreden und Übergriffe vorgehen zu wollen.

Fast möchte man für seine Wahl und die Queers in Polen beten. „Nach vier Jahren sind die Menschen müde geworden“, sagte Elżbietą Podleśna schon im letzten Dezember. „Ich bin auch schon müde.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.