Ein Trog, ein Tunnel und fünf Richter

In Leipzig muss das Bundesverwaltungsgericht darüber entscheiden, ob beim Bau des A 281-Teilstücks in Arsten die Interessen der AnwohnerInnen schwerer wiegen, als die der Handelskammer

Autobahn? Besser mal stoppen Foto: Uwe Zucchi/dpa

Aus LeipzigKlaus Wolschner

Erneut hat gestern die Bürger-Initiative „für eine menschengerechte A281“ in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht für ihr Ziel gekämpft: Konkret verhandelte dessen Neunte Kammer zwei Klagen gegen unnötige Lärmbelastungen, die nach Stand der Planung durch die Autobahn 281 drohen würden und eine von einem Bürger, dessen Grundstück von deren Bau „in Anspruch“ genommen würde: Die Autobahn soll durch seinen Garten gehen.

Aufgrund der Klage der BI hatte das Leipziger Gericht im Jahre 2010 die damalige Planung gekippt. Dem Gericht ging das damalige Reizwort vom „Monsterknoten“ noch locker über die Lippen. Diesmal wollte die BI die von der Stadt geplante „Schließung des Autobahnrings“ blockieren. Auch nach den Prognosen der Bremer Verkehrsplaner würden drei von fünf Fahrzeugen auf der A281 von der Neustadt nach Süden Richtung A1 abbiegen, wenn die dort geplante Straßenverbindung vorhanden wäre – sei es als Autobahn oder als Bundesstraße „B6n“.

Diese Straße müsse also Vorrang haben, argumentierte die BI. Der vorhandene Zubringer Richtung Arsten würde für die nächsten Jahre auch nach den Prognosen der Stadt ausreichen. Aus taktischen Gründen, so die Sicht der BI, verzögert Bremen seit Jahren die Planungen für die Süd-Abzweigung und verzichtet auch darauf, die bestehende Verbindung zum Arster Zubringer im Interesse der Wirtschaftsverkehre ampel- und kreuzungsfrei zu machen. Insbesondere sei der Neubau des Troges – also eines tiefergelegten Teilstücks – der Neuenlander Straße bei Huckelriede vorerst unnötig. Diese Baustelle würde zirka 54.000 Fahrzeuge pro Tag drei Jahre lang auf Schleichwege durch die Neustadt zwingen und zu Staus und Verkehrschaos führen.

Diese Überlegungen haben die Bremer Verkehrsplaner vom Tisch gewischt. Sie gaben an, zunächst nur die A281 Richtung Arsten zu planen. Die Süd-Abzweigung zur A1 komme in einem späteren Verfahren. Der Hintergrund: Die von ihnen anfangs vorgesehene „Umfahrung“ des Flughafens am Rande der Wolfskuhlensiedlung wird von der BI strikt abgelehnt. Der Senat hat sich diese Haltung zu eigen gemacht. Eine dafür notwendige Untertunnelung der Landebahn käme aber teurer. Die Mehrkosten will der Bund nicht tragen.

Die Bremer Planer vertraten vor Gericht mehr die Interessen des Bundes als Beschlüsse des Senats

Auf Basis der konkreten Betroffenheit von zwölf Bremer AnwohnerInnen musste das Gericht also die Frage aufwerfen, ob die Straßenplanungen der Bremer Baubehörde sinnvoll und planungsrechtlich möglich sind. Rund 20 AnwohnerInnen aus dem Stadtteil waren nach Leipzig gefahren, um mitzuerleben, wie ein großes Bundesgericht zehn Jahre nach einer ersten großen Ohrfeige für die Bremer Straßenplaner erneut über ihre lokalen Belange verhandelt.

Der Kammer-Vorsitzende zeigte großes Verständnis fürs Argument der KlägerInnen, dass die Süd-Abzweigung nach Brinkum so sehr den Bedarf des weiteren Ausbaus der A281 Richtung Arsten betreffen würde, dass die beiden Straßenprojekte nicht getrennt voneinander betrachtet werden könnten. Die Anwältin des Senats wirkte in dieser Debatte zeitweise schlecht orientiert. Sie verwies nur auf die Interessen von Handelskammer und Güterverkehrszentrum. Die Unternehmen würden nicht noch länger auf einen Autobahn-Ringschluss warten wollen. Die Bremer Planer vertraten vor Gericht vor allem die Interessen des Bundes und nicht die vom Senat beschlossene „Vorzugsvariante“ der Untertunnelung.

In 14 Tagen wollen die fünf Richter ihr Urteil gefällt und schriftlich mitgeteilt haben. BI-Sprecher Norbert Breeger sieht dem mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Prozessbeteiligten der Bremer Behörden nicht die Position der Bundesverwaltung vertreten, sondern die vom Senat beschlossene Vorzugsvariante“, sagte er der taz, „also die Untertunnelung“.