Kohlevertrag der Großen Koalition: Teure Chance fürs Klima

Der Vertrag zum Kohleausstieg ist besser geraten als befürchtet. Für die Steuerzahler wird er aber auch teuer.

Hier ist bald Ende Gelände: Tagebau Jänschwalde Foto: M. Golejewski/Adora Press

Die Sorgen im Vorfeld waren groß: Statt den Kohleausstieg zu beschließen, würde die Bundesregierung den Kohlekonzernen eine Bestandsgarantie für ihre Kraftwerke geben, hatten Umweltverbände gewarnt. Und tatsächlich bestand die reale Gefahr, dass die Regierung sich in einem unkündbaren öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichtet, den geplanten Kohleausstieg bis 2038 auch später nicht mehr zu verschärfen. Das wäre eine Katastrophe gewesen. Denn mit diesem Pfad, da sind sich die ExpertInnen einig, kann Deutschland den notwendigen Beitrag zum Pariser Klimaziel garantiert nicht erbringen.

Doch die Warnungen und Proteste haben gewirkt: Der Vertrag, den die Regierung jetzt – anders als befürchtet – komplett und ungeschwärzt veröffentlicht und dem – anders als zeitweise geplant – auch der Bundestag noch zustimmen muss, verhindert einen früheren Kohleausstieg ausdrücklich nicht. Wenn der Ausstieg, wie von der Kohlekommission als Option gefordert, um drei Jahre vorgezogen wird, steht den Unternehmen keine neue Entschädigung zu. Und politische Vorgaben, die die Kohleverstromung weniger wirtschaftlich machen, etwa ein höherer CO2-Preis auf nationaler oder EU-Ebene oder ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien, bleiben ausdrücklich und entschädigungsfrei möglich. Damit haben spätere Regierungen weiterhin die Chance, den Kohleausstieg so zu beschleunigen, dass er mit den Klimazielen zumindest ansatzweise in Einklang steht.

Diese Chance wird allerdings teuer erkauft: Zum einen ist es nicht gelungen, Sicherheit für die bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler zu erreichen; anders als der Hambacher Wald sind sie weiter von den Kohlebaggern bedroht. Zum anderen erhalten RWE und Leag für das Abschalten ihrer Braunkohlekraftwerke weitaus mehr Geld, als aus heutiger Sicht angemessen erscheint – denn die Kraftwerke rechnen sich wegen der veränderten Marktbedingungen kaum noch und würden wohl auch ohne den Vertrag abgeschaltet. Aber die Milliarden für die Konzerne – und die vielen weiteren, die in die betroffenen Länder fließen – sind wohl der Preis dafür, dass der Kohleausstieg jetzt ohne neue Konflikte kommen kann.

Die Konzerne können nicht gegen den Ausstieg klagen, die Beschäftigten sind abgesichert, und die Regionen haben eine Perspektive. Wenn nun der Markt und künftige Regierungen unter dem hoffentlich anhaltenden Druck der jungen Generation noch dafür sorgen, dass der Ausstieg am Ende deutlich schneller kommt, könnte der Kohleausstieg doch noch gelingen.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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