Syrische Kriegsverbrecher in Deutschland: Arzt wegen Folter unter Verdacht

Die Bundesanwaltschaft lässt einen mutmaßlichen Mitarbeiter des Assad-Regimes festnehmen. In Syrien soll er für den Geheimdienst gefoltert haben.

Silhouette von zerstörten Gebäude in Homs

Zerstörte gebäude in Homs. Alaa M soll 2011 als Gefängnisarzt Oppositionelle gefoltert haben Foto: Marko Djurica/reuters

BERLIN taz | Die Bundesanwaltschaft hat erneut einen Syrer festnehmen lassen, weil dieser in Syrien Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben soll. Konkret geht es um Alaa M., einen Arzt, der in Syrien Mitarbeiter des Militärischen Geheimdienstes gewesen und in zwei Fällen einen Inhaftierten gefoltert haben soll. Er wurde bereits am Freitag in Hessen festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Nach Angaben der Ermittler hat Alaa M. 2011 als Arzt im Gefängnis des Militärischen Geheimdienstes im syrischen Homs gearbeitet. Dort wurde demnach im Oktober 2011 ein Mann, der sich an den Demonstrationen gegen das Regime beteiligt hatte, inhaftiert. Als dieser nach Folterungen einen epileptischen Anfall bekam, bat ein Mitgefangener darum, einen Arzt zu holen. Alaa M. erschien, aber half dem Mann nicht, sondern schlug mit einem Plastikrohr auf diesen ein.

Als sich am kommenden Tag der gesundheitliche Zustand des Opfers erheblich verschlechterte, soll Alaa M. erneut auf den geschwächten Mann, der nicht mehr eigenständig gehen konnte, eingeschlagen haben, bis dieser das Bewusstsein verlor. Das Opfer wurde anschließend von Wächtern weggetragen und starb in der Folgezeit. Die Ursache für den Eintritt des Todes sei unklar, so die Ermittler. Die Bundesanwaltschaft wirft Alaa M. nun Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gefährliche Körperverletzung vor.

Die Ermittlungen der deutschen Behörden sind wegen des sogenannten Weltrechtsprinzips möglich, das seit 2002 im deutschen Völkerstrafgesetzbuch verankert ist. Seitdem kann die hiesige Justiz Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch dann verfolgen, wenn weder Täter noch Opfer Deutsche sind. In Koblenz stehen derzeit zwei mutmaßliche Mitarbeiter des Allgemeinen Syrischen Geheimdienstes vor Gericht. Es ist weltweit der erste Fall, in dem sich Mitarbeiter des Regimes von Baschar al-Assad vor Gericht verantworten müssen.

Rund 20 Ermittlungsverfahren

„Spätestens seit Ende April 2011 ging das syrische Regime dazu über, sämtliche regierungskritischen Aktivitäten der Opposition flächendeckend mit brutaler Gewalt zu unterdrücken“, so die Bundesanwaltschaft. Den syrischen Geheimdiensten sei dabei eine wesentliche Rolle zugekommen. Überall im Land seien tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle ohne Rechtsgrundlage festgenommen, inhaftiert, gefoltert und zum Teil getötet worden.

Insgesamt sind in Deutschland seit 2014 rund 20 Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Mitarbeiter des syrischen Regimes eingeleitet worden. Der bekannteste Fall: Jamil Hassan, der ehemalige Leiter des syrischen Luftwaffengeheimdienstes, gegen den der Bundesgerichtshof 2018 einen internationalen Haftbefehl erlassen hat.

Alaa M. hat nach Angaben der Ermittler Mitte 2015 Syrien verlassen und ist nach Deutschland gekommen. Bis zu seiner Festnahme hat er hier als Arzt praktiziert.

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