„Aussehen kann ein Zusatzpunkt sein“

Women*Team (VII): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Christine Aulenbrock hat ihre Beachvolleyballkarriere in einem niedersächsischen Örtchen begonnen. Den Bikini sieht sie als Arbeitskleidung, sexualisiert fühlt sie sich dadurch nicht

Foto: privat

Christine Aulenbrock,28, spielt Beachvolleyball beim VfL Oythe in Vechta.

Interview Sarah Zaheer

taz: Frau Aulenbrock, wie fühlt es sich an, wieder auf dem Spielfeld zu stehen?

Christine Aulenbrock: Total gut! Seit vier Wochen machen wir Balltraining, um uns auf die Saison vorzubereiten. Ich habe den Wettkampf sehr vermisst. Als Sportler braucht man ein Ziel, worauf man hintrainiert.

Wird die Deutsche Beachvolleyball-Meisterschaft im September stattfinden?

Ja. Es sollen wohl auch bis zu 700 Zuschauer dabei sein können. Es ist im Gespräch, eine Qualifikationsserie über vier Turniere zu veranstalten, bei denen man sich qualifizieren kann. Ich habe gehört, dass dafür Hamburg und Düsseldorf Standorte sein sollen. Aber wir bekommen die finalen Informationen erst diese Woche.

Wie sah Ihr Training zu Coronazeiten aus?

Wir konnten kein Balltraining machen, aber ich habe Laufen und Inlinern für mich entdeckt. Dazu kamen Home-Work­outs. Als die Fitnessstudios geöffnet haben, konnten wir dort auch immer mehr Einheiten machen. Also viel im Bereich Athletik, Kraft und Ausdauer.

Sie sind in einem kleinen Ort in Niedersachsen aufgewachsen. Wie schafft man es von Bad Laer auf die internationale Bühne?

Mit neun Jahren habe ich mit Freundinnen bei unserem Heimatverein SV Bad Laer mit dem Volleyball angefangen. Ich hatte einen sehr guten Jahrgang mit motivierten Spielerinnen und Trainern. Dann ging es Stufe um Stufe weiter, sicher hat auch Talent eine Rolle gespielt. Durch Sichtungen konnte ich für den Niedersachsenkader spielen und kam dadurch auch für Bundessichtungen infrage. Dabei habe ich gemerkt, dass mir Beachvolleyball besonders liegt. 2009 wurde ich U18-Europameisterin und U19-Weltmeisterin und wurde angefragt, auf das Sportinternat in Hamburg zu gehen, um dort am Olympiastützpunkt zu trainieren.

Ganz schon aufregend, mit 17 Jahren in eine neue Stadt zu ziehen, um mit den Profis zu trainieren, oder?

Ich glaube, die Basis im Jugendbereich ist sehr wichtig, aber dann ist es auch gut, über den Tellerrand hinauszuschauen. Ich habe das damals nicht als einen krassen Schritt wahrgenommen, weil es sich einfach richtig angefühlt hat. Wenn ich jetzt aber darüber reflektiere, bin ich schon sehr stolz.

Seit 2017 spielen Sie wieder in Niedersachsen, beim VfL Oythe in Vechta. Wie kam es dazu?

Das hatte persönliche und berufliche Gründe. In Hamburg war ich total in dem System drin und hatte viel Betreuung vom Volleyballverband, weil ich für den Bundeskader gespielt habe. Seitdem ich wieder Zuhause bin, kann ich mich viel selbstständiger organisieren.

Beachvolleyball ist eine der wenigen Sportarten, bei denen Frauen mehr Aufmerksamkeit bekommen als Männer. Warum?

Ich höre oft, dass Frauen-Beachvolleyball bei Zuschauern sehr beliebt ist, weil die Ballwechsel länger sind. Es gibt viel mehr Abwehraktionen und Taktik. Natürlich kommt auch der Plusfaktor dazu, dass Frauen eine gewisse Attraktivität ausstrahlen. Ich finde, das ist etwas, was man aber eigentlich schätzen sollte.

Fühlen Sie sich als Beachvolleyballerin nicht sexualisiert?

Ich persönlich finde das nicht. Aber es gibt eine Verantwortung der Sportlerinnen und des Sports an sich, was die Außendarstellung angeht. Ich mache den Sport ja aufgrund des Sports und meiner Leistung. Natürlich wird man mal auf die Bikinihosen angesprochen, aber ich reagiere da ganz locker. Es gehört eben dazu.

Bikinis sind ja nicht mehr verpflichtend. Warum werden sie dennoch getragen?

Ja, vorher durften Bikinihosen maximal sieben Zentimeter Rand haben. Zu den Olympischen Spielen 2012 wurde dann entschieden, dass man auch längere Kleidung tragen darf. Theoretisch könnten wir in Deutschland also auch mit langen Hosen spielen, aber die Bikinis haben sich einfach etabliert. Für uns ist das normal. Sie sind bequem und irgendwo auch Arbeitskleidung. In einem gewissen Maß kann man es auch für sich nutzen. Der Sport bleibt die Initialzündung, weshalb Sponsoren auf einen zugehen, aber Aussehen kann ein Zusatzpunkt bei der Auswahl sein. Vom Beachvolleyball allein kann man in den meisten Fällen nicht leben. Man ist also auf Sponsoren angewiesen. Jede Sportlerin sollte aber selbst entscheiden, wie sie damit umgeht.