„Eine große Party vor der Air Base“

US-Präsident Donald Trump will offenbar einen Teil der US-Truppen aus Deutschland abziehen. Die Koalition ist besorgt, die Friedensbewegung erfreut

„Die Pläne wurden nicht mit der Bundesregierung besprochen“

Peter Beyer, CDU

Von Tobias Schulze

Die Friedensbewegung würde sich nicht daran stören, wenn Donald Trump Ernst macht. Medienberichten zufolge plant der US-Präsident einen Teilabzug amerikanischer Truppen aus Deutschland. Pascal Luig, der sich im Koordinierungskreis der Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ engagiert, fände das gut. „Wir sind erfreut über diese Ankündigung. Aber die Freude ist verhalten: Wir sind uns bewusst, dass Donald Trump lügt, wenn er den Mund aufmacht“, sagte er der taz. „Wir wissen also nicht, ob wir ihm beim Wort nehmen können. Aber wenn es so kommt, werden wir zum Abzug eine große Party vor der Air Base veranstalten.“

Der Luftwaffenstützpunkt in der Pfalz ist der wichtigste Standort der US-Army in Deutschland – aber bei Weitem nicht der einzige. Insgesamt sind derzeit 34.500 amerikanische Soldat*innen an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik stationiert. Wie das Wall Street Journal und andere US-Medien jetzt berichten, will Trump im Herbst 9.500 von ihnen abziehen und ab dann dauerhaft eine Obergrenze von 25.000 einführen. Ein Teil des Personals soll in die USA zurückkehren, ein anderer Teil in Polen und anderen verbündeten Staaten stationiert werden.

Der Schritt käme nicht überraschend: Trump hatte schon in der Vergangenheit damit kokettiert, Deutschland mit einem Truppenabzug dafür zu bestrafen, dass die Bundesregierung die Militärausgaben nicht so stark erhöht, wie es USA und Nato gerne hätten. Eine offizielle Bestätigung für die Nachricht gibt es aber nicht. Und auch die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben von nichts. „Die mögliche Verkleinerung der US-Truppen in Deutschland irritiert mich sehr. Die Pläne wurden nicht mit der Bundesregierung besprochen. Geht man so mit Verbündeten um?“, fragte der CDU-Politiker Peter Beyer, US-Beauftragter der Bundesregierung, am Samstag in einer ersten Reaktion auf Twitter.

Auch sein Parteikollege Johann Wadephul, Fraktionsvize der Union, ist über das Vorgehen irritiert. Trump vernachlässige „erneut eine elementare Führungsaufgabe“, indem er die Bündnispartner der USA nicht in Entscheidungen einbinde. Für die Europäer sei die Nachricht ein „Weckruf, auch sicherheitspolitisch unser Schicksal selbst entschiedener in die Hand zu nehmen“. Anders gesagt: Deutschland und seine europäische Verbündeten sollen stärker aufrüsten, um den Ausfall der USA kompensieren zu können.

Aber nicht alle Bundestagsfraktionen sind besorgt über den möglichen Abzug. Die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler würde den Schritt begrüßen: „Dass Trump den Abzug aus den falschen Gründen will, ändert nichts daran, dass er richtig ist.“ Und weiter: „Die Bundesregierung sollte gegenüber der US-Administration darauf drängen, dass die in Deutschland stationierten US-Atombomben auch gleich mit abgezogen werden.“ US-Atombomben sind in der Eifel sta­tioniert. Im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe der Nato wäre im Ernstfall die Bundeswehr dafür zuständig, sie mit Hilfe ihrer Kampfjets einzusetzen.

Auch der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour sieht der US-Ankündigung entspannt entgegen. „Reisende soll man nicht aufhalten“, sagte er der taz. „Allerdings redet man vor solchen Entscheidungen miteinander, wenn man die Partnerschaft ernst meint. Das tut Trump nicht.“ Zudem stelle sich die Frage, ob es „gut für die europäische Friedensordnung“ ist, wenn mehr US-Soldaten in Osteuropa stationiert sind.

Der Truppenabzug hätte allerdings nicht nur sicherheitspolitische Folgen, sondern auch wirtschaftliche. In der Pfalz und an anderen Standorten ist die US-Army ein wichtiger Arbeit­geber, auch für einheimische Zivilangestellte. Die regionale Wirtschaft profitiert sowohl von den Stützpunkten selbst als auch von den dort stationierten Soldat*innen sowie deren Angehörigen.

Friedensaktivist Luig will das aber nicht als Argument gelten lassen. Die Politik habe schlicht verpasst, rechtzeitig für einen möglichen Abzug der Amerikaner vorzusorgen. „Da hätte schon längst was geschehen müssen. Seit Jahren haben wir immer hervorgehoben, dass Konversion wichtig ist“, sagt er. „Zuletzt haben wir 2018 alle Bürgermeister der Region angeschrieben. Eine Antwort haben wir nicht bekommen.“

2018 hatte Trump schon einmal mit dem Truppenabzug gedroht. Das Anti-Ramstein-Bündnis schlug daraufhin den Bürgermeistern von fünf pfälzischen Kommunen vor, einen „Runden Tisch Regionalkonversion“ einzuführen. Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sollen darüber beraten, wie abseits des Militärs neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Die Aktivist*innen selbst schlagen unter anderem vor, auf dem Gelände der Air Base einen Freizeitpark, ein Museum und einen Industriepark für erneuerbare Energien zu errichten. Sie gestehen allerdings selbst ein, dass die „Finanzierung eines solchen langfristigen Konversionsprojektes sicher eine Herausforderung“ ist.

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