Konjunkturpaket der Regierung zu Corona: Sehr viele teure Zuckerli

Das Konjunkturpaket des Bundes ist üppig und teuer. Doch beim Kinderbonus fehlt es an Nachhaltigkeit.

Mädchen schauen auf Plätzchenstapel

Wer bekommt wie viele Zuckerli? Foto: Shestock/plainpicture

Wer sich schon mal einen Langstreckenlauf zugetraut hat, weiß, dass der Erfolg nicht nur vom Training, sondern auch von der richtigen Ernährung abhängt. Die guten Kohlenhydrate liefern Energie über einen längeren Zeitraum, die schlechten, wie etwa Schokolade, treiben den Blutzuckerspiegel rasch hoch, der allerdings genauso rasch wieder absinkt. In der Corona-Pandemie hat sich die Gesellschaft auf eine Langstrecke begeben, das Konjunkturpaket, welches die Große Koalition gestern Nacht beschlossen hat, soll ihr helfen, sie zu meistern.

Es ist ein üppiges Paket, 130 Milliarden Euro dick, aber es ist teilweise nicht ausgewogen. Es enthält viele nachhaltige Maßnahmen – gute Kohlenhydrate. Überfällig etwa ist die Unterstützung der Kommunen, die die meisten öffentlichen Investitionen tätigen. Schade nur, dass sich die Union, insbesondere die CSU, nicht dazu durchringen konnte, auch einer Entschuldung zuzustimmen. Gut und nachhaltig ist es auch, dass die Regierung nun fast 50 Milliarden in den Klimaschutz steckt und auf eine Kaufprämie für Diesel- und Benzinautos verzichtet.

Allerdings hat die Groko den Konjunkturbooster aber auch mit ziemlich vielen Zuckerli angereichert. Zu vielen.

Das teuerste Versüßungsmittel ist die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer. 20 Milliarden Euro wird es kosten, wenn bis zum Jahresende der volle Steuersatz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte von 7 auf 5 Prozent sinkt. Das kann zunächst spürbar für Auftrieb sorgen, vor allem bei Menschen, die wenig verdienen und fast ihr gesamtes Einkommen in den Konsum stecken.

Teures Schokoladentäfelchen

Der Leistungsabfall ist allerdings unausweichlich, und zwar dann, wenn die Umsatzsteuer im nächsten Jahr wieder steigt. Sinnvoll und sozial gerecht wäre es daher, die Umsatzsteuer für alle auf Dauer zu senken – im Gegenzug aber den Spitzensteuersatz zu erhöhen und eine vernünftige Vermögens- und Erbschaftssteuer einzuführen.

Ein recht teures Schokoladentäfelchen ist auch der Kinderbonus. Jede Familie soll pro Kind einmalig 300 Euro bekommen und zwar unabhängig davon, ob das Haushaltseinkommen 20.000 oder 100.000 Euro pro Jahr beträgt. Für die einen ist es zu wenig, um ihren Kinder dauerhaft gleiche Chancen zu sichern und die anderen bräuchten es eigentlich nicht, nehmen es aber trotzdem gern. Vielleicht als Zuschuss für den neuen VW-Diesel. Wenn schon ein Kinderzuschuss, dann wäre es besser, ihn gezielt an jene zu verteilen, die ihn wirklich nötig haben und in mindestens doppelter Höhe.

Der einmalige Kinderzuschuss wird über vier Milliarden Euro kosten und ist damit teurer als die anderen im Konjunkturprogramm geplanten Investition in Kitas und Schulen zusammen, die eine nachhaltige Wirkung entfalten sollen. Eine Milliarde sollen Kitas für Umbauten erhalten, der Ausbau von Ganztagsschulen soll mit zwei Milliarden gefördert werden. Auf Dauer leistungssteigernd wäre es aber, wenn die Groko die gegenwärtige Notsituation dazu genutzt hätte, um richtig fett in den Bildungsbereich zu investieren und den Ganztag nachhaltig zu stärken.

Das würde nicht nur viele Familien entlasten, die gegenwärtig und absehbar auch in der nächsten Zeit mit der Betreuung ihrer Kinder bei gleichzeitigem Homeoffice überfordert sind. Es fördert auch Gerechtigkeit und Chancengleichheit.

So großzügig sich die Groko generell zeigt – beim Zukunftsthema Bildung ist sie eher geizig, der Bereich wird gegenüber anderen eher spärlich bedacht. Das wird sich auf langer Strecke rächen.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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