Nazi-Angriff auf Synagoge 2019: Halle-Attentäter wollte aus Haft fliehen

Stephan B. versuchte in Halle die Synagoge anzugreifen. Nun überkletterte er in der JVA eine Mauer, wurde aber kurz darauf wieder gefasst.

Der verhaftete Halle-Attentäter Stephan B. wird von Polizisten aus einem Hubschrauber gebracht

Hier noch mit Polizeibegleitung: Der verhaftete Halle-Attentäter Stephan B. im Oktober 2019 Foto: Uli Deck/dpa

BERLIN/HALLE taz | Der Halle-Attentäter Stephan B. hat einen kurzen Fluchtversuch unternommen. Laut Justizministerium Sachsen-Anhalt überkletterte er am Pfingstsamstag den Zaun eines Freistundenhofes in der Justizvollzugsanstalt Halle. Etwa fünf Minuten habe er sich danach „unbeaufsichtigt im Innenbereich der Anstalt bewegt“. Dann hätten ihn JVA-Bedienstete wieder in Gewahrsam genommen. Widerstand habe Stephan B. dabei keinen geleistet.

Stephan B. hatte im Oktober 2019 versucht, schwerbewaffnet die Synagoge in Halle zu stürmen. Als dies misslang, erschoss er eine Passantin und einen Gast in einem Dönerimbiss. Seine Tat übertrug der 28-Jährige ins Internet. Nach einer mehrstündigen Flucht wurde er von der Polizei festgenommen.

Stephan B. sitzt seitdem unter strengen Auflagen in der JVA Halle in U-Haft. So ist sein Haftraum kameraüberwacht und er darf sich außerhalb dieses Raumes nicht ohne Aufsicht bewegen. Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) teilte mit, es werde nun aufgearbeitet, warum Stephan B. dennoch über den Zaun klettern konnte. Die für seine Aufsicht zuständigen Beamten seien versetzt worden. Auch werde geklärt, warum der Vorfall dem Ministerium erst am Dienstagmorgen gemeldet wurde.

Die Linksfraktion in Sachsen-Anhalt forderte wegen des Fluchtversuchs eine Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag. Henriette Quade, Linken-Innenexpertin von Sachsen-Anhalt, nannte den Vorfall „unfassbar“. „Es muss dringend aufgeklärt werden, wie das passieren konnte, wieso der Rechtsterrorist unbeobachtet war und warum das Justizministerium und die Öffentlichkeit erst jetzt darüber informiert werden“, erklärte sie via Twitter.

Neue Drohungen gegen Synagoge Halle

Gegen Stephan B. soll voraussichtlich ab dem 21. Juli im Justizzentrum Magdeburg verhandelt werden. Noch aber ist die Anklage der Bundesanwaltschaft nicht zugelassen. Dort wird dem Rechtsextremen zweifacher Mord und 68-facher Mordversuch vorgeworfen, wegen des versuchten Angriffs auf die gut besuchte Synagoge und mehrere PassantInnen. Ein Gerichtssprecher konnte der taz am Mittwoch noch nicht sagen, ob der Vorfall in der JVA Auswirkungen auf den Prozess und das dortige Sicherheitskonzept haben wird.

Erst am Dienstag hatten Unbekannte auf den Gehweg vor der jüdischen Gemeinde in Halle ein Hakenkreuz aus Zellstoff gelegt, wie die Polizei mitteilte. Bereits am Sonntag sei es zu einem gleichen Vorfall gekommen. Bei einer weiteren jüdischen Gemeinde in Halle sei vergangene Woche zudem ein Drohschreiben eingegangen. Zu allen Vorfällen ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

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■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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