brief des tages
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Die Republikaner –
Anti-Etatisten?

„,Revolte als Selbstzweck“, taz vom 31. 5. 20

Torben Lütjens betont in seinem sehr lesenswerten Beitrag mit Recht, dass die Trump ergebene Republikanische Partei aus einem „merkwürdigen Hybrid“ besteht, der sich aus religiös geprägten Konservativen und den Vertretern „eines radikalen, fast schon anarchisch interpretierten Libertinismus“ zusammensetzt. Letztere können sich auf den Mythos der staatsfernen Siedlernation berufen. Verschwiegen wird hier allerdings, dass eben jener im kollektiven Gedächtnis der USA latent vorhandene antietatistische Effekt nicht ausschließlich als marktradikale Ideologie zu fassen ist. Es bestehen Traditionslinien, die von den Transzendentalisten zu den gegenkulturellen Gruppen der Beats und Hippies führen. Es gab auch Henry David Thoreau. Die Werte von Egalität und Solidarität, die gelebte (radikal)demokratische Praxis und die Sensibilisierung für Fragen der Ökologie stehen dem Trumpismus antagonistisch gegenüber. Es bleibt zu hoffen, dass der sein eigenes Amt aushöhlende Präsident seinem Volk endgültig vorführt, dass die politische Fixierung auf einen „Leader“ keine amerikanische Tugend ist.

Johann Thun, Berlin