Islamfeindlichkeit in Österreich: Der Europarat zeigt sich besorgt

Der Antidiskriminierungsausschuss kritisiert spaltende politische Reden im Land. Aber auch Gesetze und das Handeln der Polizei werden gerügt.

Drei Statuen tragen Atemschutzmasken

In Vergessenheit geraten: es gilt das Vermummungsverbot in Österreich. Apothekenwerbung in Wien Foto: Leopold Nekula/Viennareport/imago

WIEN taz | Angesichts von Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln ist fast in Vergessenheit geraten, dass in Österreich gleichzeitig Vermummungsverbot gilt. In Volksschulen ist es Mädchen sogar verboten, Kopftuch zu tragen. Dieses Verbot hat der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats (ECRI) in seinem jüngsten Bericht kritisiert. In dem am Dienstag veröffentlichten Dokument fordert der Rat die Bundesregierung auf, das Gesetz zu überarbeiten, „um sicherzustellen, dass es den Neutralitätsgrundsatz respektiert, ein legitimes Ziel verfolgt und frei von jeglicher Form von Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Schülern ist“.

Auch insgesamt rügt der ECRI den Umgang mit Musliminnen und Muslimen in Österreich. „Es gibt einen hohen Grad an Islamophobie, und der öffentliche Diskurs ist immer fremdenfeindlicher geworden. Politische Reden haben äußerst spaltende und antagonistische Grundtöne angenommen, insbesondere in Bezug auf Muslime und Flüchtlinge.“

Die lange Zeit vor allem von der rechten FPÖ geschürte Islamfeindlichkeit gehört auch zum Erfolgsrezept von Sebastian Kurz (ÖVP). Während Bundespräsident Alexander Van der Bellen Österreichs Muslimen zum Ramadan eine Grußbotschaft schickte, ließ der Kanzler die Gelegenheit für freundliche Worte ungenutzt verstreichen. Ein „Burkaverbot“, das die Gesichtsverhüllung unter Strafe stellt, wurde schon unter der Rechtskoalition ÖVP-FPÖ vor zwei Jahren beschlossen.

Auch sieht der ECRI Grund zur Sorge angesichts der Praxis des „ethnischen Profilings“ der Polizei, also das besonders häufige Anhalten und Überprüfen von dunkelhäutigen Menschen und solchen mit offensichtlich muslimischem Hintergrund. Konkrete Kritik übt der Bericht auch an der Einrichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Juni 2019. Sie ersetzt die Rechtsberatung für Flüchtlinge von unabhängigen NGOs durch eine staatliche Instanz, die schwerlich in erster Linie die Interessen der Betroffenen im Auge hat. Österreich müsse sicherstellen, dass Asylsuchende durch eine unabhängige Einrichtung kostenlose Rechtshilfe erhalten.

Keine systematische Erfassung von Hassrede

Hassrede und hassmotivierte Gewalt würden in Österreich nicht umfassend und systematisch erfasst, kritisiert der Ausschuss: „Der Grad der Nichterfassung, insbesondere bei schutzbedürftigen Gruppen, ist ein Problem.“

Die Kritik ist nicht neu. Schon vor einem Jahr hatte die Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen (IDB) für das vorangegangene Jahr insgesamt 260 Diskriminierungsfälle an Schulen und Universitäten dokumentiert. Islamophobie sei mit 122 Fällen der häufigste Grund für Diskriminierung. So sei eine Schülerin von ihrem Lehrer als „Isis-Terroristin, Islamistin, Dschihadistin“ beschimpft worden.

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