Regierungsbildung in Irland: Die grüne Insel

In Irland haben die beiden großen Parteien sich aus Angst vor Sinn Féin mit den Grünen zusammengetan. Diese bestehen allerdings aus Opportunisten.

Mary Lou McDonald, Vorsitzende von Sinn Fein.

Mary Lou McDonald, Präsidentin von Sinn Féin Foto: Niall Carson/PA Wire/dpa

Irland wird grün. Das glaubt jedenfalls die Grüne Partei. Sie wird Juniorpartner in einer Regierungskoalition, auf die man sich am Montag, ein Vierteljahr nach den Wahlen, geeinigt hat. Es ist eine Koalition der Angst. Sinn Féin, der ehemalige politische Flügel der inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), hatte bei den Wahlen im Februar die meisten Stimmen erhalten. Außerdem zogen gut 20 parteilose Linke ins Parlament ein.

Den beiden großen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael ist der Schrecken in die Glieder gefahren. Sie hatten Irland seit der Staatsgründung vor knapp hundert Jahren abwechselnd regiert. In ihrer erzkonservativen politischen Ausrichtung unterscheiden sie sich nicht, ihre Differenzen stammen aus Zeiten des Bürgerkriegs 1922. Zuletzt konnten sie nur mit Hilfe von Koalitionspartnern regieren. Aufgrund der starken Stimmverluste funktionierte das diesmal nicht. So einigten sie sich zum ersten Mal auf eine große Koalition.

Doch nicht einmal das reichte für eine Parlamentsmehrheit. Notgedrungen mussten sie die Grünen mit ins Boot holen. Die setzten einige grüne Themen auf die Tagesordnung. So soll es unter anderem mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr, eine höhere Kohlendioxidsteuer und eine Senkung des CO2-Ausstoßes um sieben Prozent pro Jahr geben. Das steht jedenfalls im Koalitionsvertrag.

Aber Papier ist geduldig, und die Grünen-Parteiführung ist es auch. Im Jahr 2007 war man schon einmal eine Koalition mit Fianna Fáil eingegangen und hatte dann sämtliche Forderungen flugs begraben. Das geprellte Stimmvieh merkte sich das und strafte die Partei bei den folgenden Wahlen ab.

Wenn sich die Grünen-Parteimitglieder das auch gemerkt haben, könnte es eng werden: Sie müssen den Koalitionsdeal mit Zweidrittelmehrheit absegnen. Sollte das scheitern, käme es wohl zu Neuwahlen, bei denen Sinn Féin noch mal zulegen würde. Dann könnte es doch noch für eine linke Regierungskoalition reichen – natürlich mit Beteiligung der grünen Opportunisten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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