Mietproteste in Moabit: Wohnen auf schwedisch

Die Waldenserstraße 9 in Moabit mit rund 60 Mietparteien wurde von einem schwedischen Investor aufgekauft.

menschenmasse auf der Straße

Mieter*innenprotest gegen schwedische Immobilienfirma Foto: Marco Jahn

BERLIN taz | „Mieterprotestaktion“ steht auf einem Transparent, das gut sichtbar aus einem Fenster der Waldenserstraße 9 in Moabit hängt. Rund 70 Menschen haben sich am Sonntagnachmittag in der ruhigen Straße vor dem Haus versammelt. Sie waren einem dringenden Aufruf der rund 60 Mietparteien gefolgt, der auch in den Nebenstraßen ausgehängt war. „Unser Haus wurde an einen großen Investor verkauft, der für sein skrupelloses Vorgehen bekannt ist“, heißt es dort. Und weiter: „Wir haben Angst vor Verdrängung unserer vielfältigen Hausgemeinschaft durch Luxussanierung, Mieterhöhung und Umwandlung in Eigentumswohnungen.“ Denn genau dafür ist die Skjerven Group bekannt, die das Gebäude vor einigen Monaten erworben hat. „Mit unserem proaktiven Ansatz beim Asset Management helfen wir unseren Investoren, das erhebliche Wertsteigerungspotenzial über den Investmentzeitraum zu heben“, wirbt das schwedische Unternehmen bei ihrer vermögenden Klientel.

Die MieterInnen der Waldenserstraße 9 haben erst durch intensive Recherche erfahren, wer der Käufer ist. Auf einer Schautafel haben sie dargelegt, dass das beworbene „Wertsteigerungspotenzial“ für die MieterInnen hohe Mieten und Verdrängung bedeutet. Der Kauf des Objekts in der Waldenserstraße 9 mit rund 60 Mietparteien durch die Skjerven Group – im Namen der schwedischen Heimstaden Group – ist Teil des größten privatwirtschaftlichen Immobiliendeals in Berlin seit Inkrafttreten des Mietendeckels. In einer Pressemitteilung kündigte die Skjerven Group bereits 2018 „eine skandinavische Investitionsoffensive in Deutschland“ an.

Auch der Gebäudekomplex Kolonie-/Osloer Straße im Wedding ging an das schwedische Unternehmen. Die MieterInnen haben sich zur „Initiative Osko bleibt“ zusammengeschlossen und sich mit einem Transparent und einem Redebeitrag auf der Kundgebung in Moabit beteiligt. Unterstützt werden sie von der Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“; ein Mitglied betonte in einem Redebeitrag, wie wichtig die Selbstorganisation der MieterInnen in den Häusern und wie notwendig auch eine Vernetzung von MieterInnen ist, die von den gleichen InvestorInnen gekauft wurden.

Im Fall der Skjerven Group haben sich die MieterInnen der unterschiedlichen Häuser schon koordiniert. Sie fordern, dass der Bezirk sein Vorverkaufsrecht ausübt. Da sei Dringlichkeit geboten, betont Marco Jahn, Mieter in der Waldenserstraße 9, gegenüber der taz. „Am 19. Mai wurden die MieterInnen durch das Bezirksamt Mitte über den Verkauf ihres Hauses und die laufende Prüfung des Vorkaufsrechts durch den Bezirk informiert. Die Frist für das Prüfungsverfahren beträgt rund sechs Wochen“, drängt Jahn auf eine schnelle Entscheidung. Es gehe auch darum, die Ängste der BewohnerInnen vor Verdrängung entgegenzutreten. Schließlich wohnt die älteste Mieterin seit 1954 in dem Haus. Da bestehe eine große Verunsicherung, dass sie vor die Tür gesetzt wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.