Gewusel wie eh und je

Rom blüht auf, die Stadt füllt sich dank der Lockerungen wieder. Mit den Schutzmasken und Abstandsregeln aber ist das so eine Sache

Rom atmet auf: Man darf endlich wieder auf einen Kaffee in die Bar! Foto: Andrew Medichini/ap

Aus Rom Michael Braun

Gleich mehrere Wunder sind in Rom zu verzeichnen, seit dem Ende des Lockdowns am 18. Mai. Der Müll, zwei Monate lang pünktlich abgefahren, quillt wieder aus den Containern, so als würden die Römer*innen plötzlich das Dreifache wegschmeißen. Die Hunde müssen nicht mehr vor die Tür. Sie scheinen nach zwei Monaten Coronastress, als sie Frauchen und Herrchen als Vorwand für Spaziergänge dienten, den Erholungsurlaub genommen zu haben: Vierbeiner sieht man deutlich weniger im Viertel.

Dafür sind die Zweibeiner unterwegs, als sei da nie etwas gewesen. Auf der großen Einkaufsstraße um die Ecke herrscht Gewusel wie eh und je. Eines aber ist dann doch anders als vor drei Monaten. So gut wie alle haben Schutzmasken auf, ordentlich hochgezogen bis über die Nase. Im Freien ist das in Rom nicht verpflichtend, kaum einer aber verzichtet auf den Schutz. Das Hellgrün der chirurgischen Masken dominiert, viele jedoch haben mittlerweile das Upgrade zum weißen FFP2-Schutz gemacht.

So hoch die Disziplin draußen ist, so sehr lässt sie dann doch drinnen manchmal zu wünschen übrig. Im Bus der Linie 38 ist es nicht übervoll, der Abstand von einem Meter jedoch ist kaum zu wahren. Zwei ältere Damen jedoch haben ihre Masken unter die Nase gezogen, ein Herr schützt bloß sein Kinn gegen Ansteckung. Die Teenager dagegen, auch in Rom gerne als angeblich disziplinlose Corona-Hasardeure geschmäht, halten sich brav an die Maskenpflicht.

Maskenpflicht gilt natürlich auch sonst überall in geschlossenen Räumen. Kein Geschäft, in das man ohne Vermummung hineinkäme, kein Geschäft auch, in dem nicht gleich am Eingang das Desinfektionsgel für die Hände stünde. An dem einen oder anderen Ort jedoch wird die Vorschrift dann doch recht locker genommen. Zum Beispiel in der orthopädischen Abteilung des Universitätsklinikums. Dutzende Menschen drängen sich im Wartesaal. Desinfektionsmittel jedoch sind nirgends zu sehen. Und keiner vom Personal fühlt sich bemüßigt, die Wartenden auf die Maskenpflicht hinzuweisen. Als dann einer der Patienten eine Frau höflich darauf hinweist, sie möge doch ihren Mundschutz hochziehen, kommt sie mit der kruden Theorie, unter der Maske staue sich das Stickoxyd, mit dem Teil könne man einfach nicht atmen.