Tourismus in Corona-Zeiten: Distanz am Strand

Wie kann der Sommerurlaub in Europa während der Pandemie aussehen? Ein Blick auf Griechenland, Italien, Kroatien und Spanien.

ein Mann desinfiziert Liegen am Strand

Mit strengen Regeln in die Urlaubssaison: Hier wird am griechischen Strand von Aimos desinfiziert Foto: Yorgos Karahalis/ap

Griechenland: Vier Meter Abstand

Griechenland wurde von der Coronapandemie nicht so hart getroffen. Wenn alles gut läuft, sollen ab Juli wieder Touristen in das Land reisen dürfen. Premierminister Kyriakos Mitsotakis hofft dabei besonders auf den gehobenen Tourismus; da sei es leichter mit den Abständen. Genaue Pläne, welche Hotels öffnen werden, gibt es noch nicht. Noch wird diskutiert, wie die Einreise ins Land ablaufen soll. So könnte ein international geltender Reisestandard verabschiedet werden, nach dem Touristen sich vor ihrer Abreise im eigenen Land testen lassen müssen.

Im Jahr 2019 machten über 30 Millionen Menschen in Griechenland Urlaub, der Großteil kam aus Deutschland. Die Tourismusbranche macht laut Verband der griechischen Touristik-Unternehmen fast ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts aus. 988.600 Arbeitsplätze hängen an dieser Branche.

Am vergangenen Wochenende wurden erstmals die Badestrände Griechenlands unter strengen Auflagen geöffnet – eine Art Testlauf für die potenzielle Tourismussaison 2020. Erlaubt sind maximal 40 Personen pro 1.000 Quadratmeter Strandfläche. Mindestens vier Meter Abstand müssen zwischen den Sonnenschirmen eingehalten werden. Höchstens zwei Liegen dürfen unter einen Schirm. Am Eingang der Strände wurde die Temperatur der Badegäste gemessen und es wurden Karten ausgeteilt, um die Anzahl der BesucherInnen im Auge zu behalten. An den Strandbars darf aktuell kein Alkohol ausgeschenkt und keine Musik gespielt werden. Dennoch gilt die Strandöffnung als Hoffnungsschimmer. Theodora Mavropoulos, Berlin

Italien: Der Espresso darf nicht fehlen

Nein, auf dem Balkon müssten sie ihren Urlaub nicht verbringen, hatte Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte seinen Mitbürger*innen vor einigen Tagen versprochen. Und auch die Gäste aus dem Ausland sollen wieder anreisen können, denn Italien kann es sich einfach nicht leisten, auf die Einnahmen der Tourismusbranche zu verzichten. 13 Prozent trägt sie zum BIP bei, über vier Millionen Menschen sind hier beschäftigt. Allein ausländische Besucher*innen sollten nach ursprünglichen Schätzungen 2020 an die 50 Milliarden Euro im Land lassen.

Doch seit dem Corona-Lockdown Anfang März liegen die Einnahmen bei null, egal ob in den Kunststädten Rom, Florenz, Venedig oder an den Stränden der Emilia-Romagna, Liguriens, Sardiniens. Am 3. Juni soll aber wieder die große Reisefreiheit kommen, sollen die Italiener*innen selbst wieder von Region zu Region fahren dürfen (bisher verboten), sollen Menschen von auswärts ins Land können, ohne 14 Tage in Quarantäne zu müssen.

Die Strandlidos machen schon nächste Woche wieder auf, und im ganzen Land öffnen auch die Museen wieder, genauso wie die Restaurants oder Espressobars, ohne die ein Italienurlaub so recht nicht vorstellbar ist.

Natürlich steht die bange Frage im Raum, ob das wohl gutgeht, wenn wieder Millionen Menschen aus anderen Ländern unterwegs sind. Sardiniens Regionalpräsident Christian Solinas träumt davon, seine Insel im Sommer „Covid-free“ zu präsentieren. Und damit das so bleibt, erwägt er, für alle Anreisenden den Virustest per Abstrich zwingend vorzuschreiben. Michael Braun, Rom

Kroatien: Auf zur Ferienwohnung

Optimismus macht sich breit: Wenn Deutschland, Österreich und Slowenien endlich die Grenzen aufmachen, wird Kroatien, das rund 20 Prozent seines Bruttosozialprodukts durch den Tourismus erwirtschaftet, schon vorbereitet sein. Denn die kroatische Regierung, die jetzt den Vorsitz in der EU innehat, hat Slowenien und Österreich dazu gedrängt, die Corona-Einreisebestimmungen zu lockern. Reisende brauchen in Zukunft nicht zu fürchten, in jedem Land in Quarantäne gehen zu müssen.

Kroatien hat die Coronakrise in den letzten Monaten sehr gut bewältigt. Bis zum 18. Mai wurden bei einer Bevölkerung von 4,5 Millionen lediglich 2.226 Personen positiv getestet, 1.936 gelten als genesen, 95 Menschen sind gestorben. Es zahlte sich aus, den Verkehr zwischen den Städten und Gemeinden zu stoppen, die Fährverbindungen zu den 1.300 Inseln des Landes einzustellen oder streng zu überwachen. Überhaupt haben alle Westbalkanstaaten wie Bosnien, Albanien, Kosovo oder Montenegro mit ähnlichen Maßnahmen das Virus gut unter Kontrolle bekommen.

Jetzt kann alles wieder gelockert werden. Bars und Restaurants sind mit Auflagen geöffnet, der Fährverkehr ist wieder aufgenommen, Flugverbindungen werden folgen. Was ein Pfund ist: Das Land ist gut mit dem Auto erreichbar. Autoreisen werden in Coronazeiten wieder attraktiv, auch die Anmietung von Ferienwohnungen. Allein im Regierungsbezirk Dalmatien-Split unter Einschluss der Inseln Brac, Hvar und Vis warten über 200.000 zum Teil neu gebauter und modernisierter Wohnungen auf Gäste. Erich Rathfelder, Split

Spanien: Langsam, aber sicher

Der Tourismus erwirtschaftet 12,3 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts und stellt knapp 13 Prozent der Arbeitsplätze. Das 47-Millionen-Einwohner-Land empfing im vergangenen Jahr 84 Millionen ausländische Gäste. 14.600 Hotels, 800 Campingplätze und 17.000 ländliche Unterkünfte zählt die Branche. Hinzu kommen Zehntausende Ferienzimmer und -wohnungen. In den letzten Jahren verzeichnete das Geschäft mit Strand, Sonne und Städtebesuchen einen ständigen Zuwachs. Die Zeiten waren günstig: Mitbewerber auf der Südseite des Mittelmeers galten infolge des Arabischen Frühlings als unsicher oder waren tatsächlich unsicher.

Der Boom endete abrupt mit der Grenzschließung Mitte März wegen der Corona­kri­se. Kritik an der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Urlaubern ist in Spanien nicht gern gesehen. Das musste Verbraucherminister Alberto Garzón erfahren. Er bezeichnete den Tourismussektor als „prekär und saisonal“, die Branche sei „nur gering wertschöpfend“. Es brach eine Welle der Kritik über ihn herein. Seit vergangenem Wochenende ist es für ausländische Besucher wieder möglich, nach Spanien zu reisen. Dazu werden nach und nach Flug- und Seehäfen geöffnet. Wer kommt, muss für 14 Tage in Quarantäne.

Diese Regelung wird mindestens bis Ende Juni gelten. Dann soll Spanien mit einer langsamen Öffnung in der „neuen Normalität“ ankommen. Die Spanier dürfen dann wieder frei im Land herumreisen; die Quarantäne für Besucher wird entfallen. Ob bei der Einreise Fiebermessung oder ein Corona-Schnelltest verlangt wird, ist unklar. Reiner Wandler, Madrid

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.