Proteste gegen Rassismus in Frankreich: Kaltschnäuzige Regierung

Wie in Deutschland herrscht auch in Frankreich Korpsgeist in der Polizei. Dort ist er unnötig autoritär und oft brutal.

Protest als Familienausflug. Erinnerung an die Polizeigewalt gegen Floyd und Traore in Paris Foto: Rafael Yaghobzadeh/ap

Immer wieder ist es erstaunlich, wie dreist und kaltschnäuzig die aktuelle, angeblich so bürgerbewegte französische Regierung mit ihren Bürger*innen umspringt. Letztere treibt der mutmaßliche Mord von Minneapolis an dem Afroamerikaner George Floyd auf die Straßen der Republik. Doch nicht nur bleibt, trotz stark sinkender Infektionszahlen in Frankreich – auch in der am stärksten betroffenen Region rund um Paris – das Demonstrieren, selbst mit Abstand, weiterhin verboten.

Nein, Protestierende wie am Dienstagabend in Paris und Lille, in Marseille und Lyon, werden pauschal als gewalttätig und asozial abgestempelt. So geschehen durch den französischen Innenminister Christophe Castaner von Macrons Regierungspartei En Marche. Castaner fiel zu rund 20.000 Menschen aus diversen gesellschaftlichen Gruppen, die sich etwa gegen Rassismus und Polizeigewalt in Paris erhoben, nichts anderes auf Twitter und in der momentanen Situation ein, als: „Gewalt hat in der Demokratie keinen Platz.“

Hintergrund des heftigen Aufbegehrens, das in der Hauptstadt erst nach mehrstündigem friedlichen Verlauf in vereinzelte Straßenschlachten mündete, war das Gedenken nicht nur an Floyd, sondern unter anderem auch an Adama Traoré, einem jungen Schwarzen, der 2016 im Norden von Paris in Polizeigewahrsam zu Tode kam. Zum vierten Jahrestag jetzt hat dessen Familie eine fundierte Untersuchung veröfffentlicht, in der Mediziner*innen zum Schluss kommen, dass Traoré damals an den brutalen Methoden der Polizei erstickt sei. Eine Gedenkveranstaltung für den Pariser war vor wenigen Tagen verboten worden. Und kürzlich hatte ein anderer Bericht die Beamten freigesprochen. Traoré sei gestorben, weil er krank gewesen sei.

Das menschenunwürdige Gezerre um den zumindest tragischen Tod, wenn nicht sehr wahrscheinlich absichtlichen Mord an Traoré, illustriert „nur“ einen der regelmäßig bekanntwerdenden Fälle von fast immer rassistisch motivierter Polizeigewalt in Frankreich. Einer der Beamten hat ausgesagt, dass sein Team Traoré damals mit ihrem ganzen Körpergewicht brutal heruntergedrückt hätte. Viel zu viele Fälle mit Todes- oder Verletzungsfolge, werden jedoch in Frankreich, wie aber auch in Deutschland, von staatlicher Seite nie aufgeklärt.

Meine Kollegin Anne Fromm schrieb dazu jetzt in der taz: „ Die mutmaßlichen Mörder etwa von Oury Jalloh, der 2005 in einer Zelle in Dessau verbrannte, laufen noch immer frei herum. In Frankreich wie in Deutschland liegt die geringe Aufklärungsquote unter anderem an einem völlig falsch verstandenen Korpsgeist in der Polizei. Was die Bürgerrechte in Frankreich aber noch stärker als hierzulande gefährdet, ist eine durch die Bank unnötig autoritär und oft brutal auftretende Ordnungsmacht, die anlasslos Bürger*innen kontrolliert und schikaniert.

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

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