Hamburgs Grüne wollen Verkehrswende: Treiber und Bremser

Das wichtigste Thema für Hamburg Grüne ist die Mobilitätswende. Verkehrssenator Anjes Tjarks soll es richten. Doch was geht laut Koalitionsvertrag?

Autos und Fahrräder auf einer Straße in Eimsbüttel.

Mehr Busse, breitere Radstreifen, weniger Autos: So geht die grüne Mobilitätswende Foto: Georg Wendt/dpa

HAMBURG taz | Papier ist bekanntlich geduldig. Und so wird auf dem Briefkopf von Anjes Tjarks in Zukunft nicht nur Senator für Verkehr, sondern für Verkehr und Mobilitätswende stehen. Das klingt zukunftsweisend, doch ist erst mal nicht mehr als PR-Wording, wie etwa das „gute Kitagesetz“.

Apropos Wording: Im Koalitionsvertrag wimmeln beim Thema Mobilitätswende Worte wie „wollen“ und „prüfen“. Koalitionsvereinbarungen sind so – hinreichend präzise, um eine Richtung anzuzeigen und hinreichend unkonkret, damit, wenn Ziele nicht so umfassend oder schnell wie erwartet realisiert werden können, nicht ständig von gebrochenen Wahlversprechen die Rede ist. „Es gibt zu viele Vorbehalte und Prüfaufträge“, klagt etwa der BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch mit Blick auf den Koalitionsvertrag.

So kommt es darauf an, ob jemand die Verhandlungsergebnisse mit Vollgas umsetzt, oder dabei auf die Bremse tritt. Der passionierte Fahrradfahrer Tjarks und sein designierter grüner Staatssekretär Martin Bill gelten dabei eindeutig als Treiber, wenn es darum geht, den motorisierten Individualverkehr auszubremsen und den Verkehrsraum neu zu ordnen.

Die angestrebte Verkehrswende untergliedert der Koalitionsvertrag in drei Hauptthemen. 1: Die Innenstadt rund um Mönckebergstraße und Jungfernstieg soll autoärmer werden, keinen motorisierten Durchgangsverkehr mehr ertragen und so mehr an Aufenthaltsqualität gewinnen. Hier haben Grüne und SPD im vergangenen Jahr bereits fast gleichlautende Konzepte vorgelegt, die es zu synchronisieren und in Verbund mit den Gewerbetreibenden der City umzusetzen gilt. Tjarks und Bill haben dabei an der grünen Plan-Variante intensiv mit gearbeitet.

Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer BUND

„Es gibt zu viele Vorbehalte und Prüfaufträge“

2: Der Öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) wird mit neuen Linien, dichterer Taktung, längeren Fahrzeugen sowie gerade im Busbereich weitaus mehr Haltepunkten für eine größere NutzerInnen-Zahl konzipiert. Zudem sollen etwa für SchülerInnen die Tickets mittelfristig kostenlos sein, für Auszubildende der Preis sinken, und die Schnellbus-Aufschläge wegfallen. So soll sein Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen von zuletzt 22 bis 2030 auf 30 Prozent gesteigert werden. Die ÖPNV-Offensive trägt eine starke sozialdemokratische Handschrift, sie verursacht aber immense Kosten für die leeren Kassen von Hochbahn und Hansestadt.

3: Jährlich 60 bis 80 Kilometer neue Radwege und 10.000 neue Fahrradstellplätze sollen Hamburg zur Fahrradstadt machen und den Anteil der RadlerInnen von 15 bis 30 Prozent steigern. Doch Achtung: Schon der alte Koalitionsvertrag sah jährlich mindestens 50 Kilometer neue Radwege vor, tatsächlich gebaut wurden nur zwischen 31 und 39 per anno. Die Erhöhung der Zielvorgaben schafft da sicher keine Abhilfe, doch ist die Stärkung des Fahrradwegs das Leib- und Magenthema von Tjarks und Bill.

Wichtig ist auch, was nicht im Koalitionsvertrag steht: Protected Bike Lanes, bei dem Radspuren nach US-amerikanischem Vorbild durch Poller, Blumenkübel oder Bordsteine vom Autoverkehr abgetrennt werden, sollen laut rot-grünem Vertrag nicht gebaut, sondern ihr Bau nur geprüft werden. Und innovative Konzepte für Ampelvorrangschaltungen fehlen gar ganz. Immerhin erlaubt der Koalitionsvertrag innovative „Verkehrsversuche“, jedoch nur einen pro Jahr.

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