Verschwörungstheorien und Corona: Mit Alu gegen 5G und Chemtrails

Handystrahlen übertragen Covid-19 und Chemtrails beeinflussen das Wetter: Ein Querschnitt der beliebtesten Verschwörungstheorien in der Coronakrise.

Aluhut

Aluhut soll gegen Strahlung helfen: auch sehr beliebt Foto: Boris Roessler/dpa

5G-Strahlung5G ist die fünfte Generation der Handynetze. Alle Nutzer:innen von mobilen Geräten nutzen diese, ob 3G, 4G, UMTS, LTE oder bald eben 5G. Seit 2019 wird dieses Mobilnetz weltweit ausgebaut und soll noch schnellere Internetverbindung bringen. Das Problem: Die Frequenz steigt, es braucht mehr Sendemasten, somit erhöht sich auch die Strahlungsdichte. Gesundheitliche Schäden durch die Strahlung konnten noch nicht festgestellt werden, der Netzausbau ist für Verschwörungsideologen in der Coronakrise gleichwohl ein gefundenes Fressen.

Ihre Behauptung: Das Virus werde über die neuen Funkmasten mit der 5G-Strahlung übertragen, unsere Gedanken über die Funkwellen kontrolliert. Außerdem sei nicht etwa die Klimakrise schuld am zunehmenden Insekten- und Vogelsterben, sondern die neue Strahlung. Alle Aussagen sind inzwischen wissenschaftlich widerlegt worden, eine Gedankensteuerung ist schon rein technisch unmöglich. Auch auf den sogenannten Hygienedemos sieht man immer wieder Personen, die gegen 5G protestieren und dies in den Zusammenhang mit der Coronakrise stellen, so zum Beispiel bei den Protesten vor der Berliner Volksbühne vergangenen Samstag.

In Deutschland sollen die Netzbetreiber das 5G-Netz bis 2022 für 98 Prozent der Haushalte erreichbar gemacht haben. Noch ist nicht abschließend untersucht, ob die elektromagnetische Strahlung negative Effekte auf Lebewesen hat. Die Verbreitung eines Virus oder das Ausrotten von Arten zählt jedoch definitiv nicht dazu. ­Grundsätzlich ist es jedoch immer ­sinnvoll, Strahlungseinflüsse zu minimieren. Deshalb: Statt einen ->Aluhut zu tragen, einfach öfter mal das Handy weglegen

Aluhut

Die glitzernde Kopfbedeckung ist zum Synonym für die vermeintliche Steuerung durch unkontrollierbare Eliten geworden. Was nach Science Fiction klingt, ist weder technisch möglich, noch gibt es irgendeine geheime Elite, die ein solches Interesse hätte. Der Aluhut ist also vor allem Unsinn. Und die Strahlungs-Angst ein gefährlicher Einstieg für Verschwörungsideologien aller Art.

Chemtrails

Auch vor Chemtrails soll der ->Aluhut angeblich schützen. Schon seit den 1990ern gibt es die Vorstellung, dass die weißen Streifen am Himmel, die sich hinter Flugzeugen bilden, Spuren von Chemikalien seien, die absichtlich versprüht würden. Damit werde das Wetter beeinflusst, die Landwirtschaft manipuliert und die Bevölkerung vergiftet, so die Behauptung. Insbesondere bei rechten Verschwörungsideologen ist diese These beliebt, wissenschaftlich ist sie eindeutig widerlegt. Auch bei den Anti-Corona-Protesten der vergangenen Wochen tauchte der Mythos immer wieder auf Plakaten auf. Bekannt gemacht hat sie unter anderem der ehemalige Moderator Ken Jebsen. Tatsächlich sind die Spuren im Himmel lediglich Kondensstreifen, wie sie bei vielen industriellen Maschinen vorkommen. Also einfach nur: Wasserdampf.

NWO

Wenn von vermeintlich bösartigen Eliten die Rede ist, dann ist die Vorstellung einer „Neuen Weltordnung (NWO)“ meist nicht weit. Die oftmals antisemitische Annahme ist, dass Geheimgesellschaften heimlich ein autoritäres, supranationales Regime planen, dem sich alle auf der Welt unterordnen müssen. Geboren im Kontext des Kalten Krieges, gewinnt die Verschwörungsthese in der Coronakrise neuen Aufschwung: Die Pandemie wird als Plan dieser Eliten gesehen, die mithilfe der Krise eine zunehmende Militärpräsenz, Destabilisierung des Finanzsystems und eine Abschaffung der Bürgerrechte forcieren. ->5G Strahlung und ->Chemtrails werden gewissermaßen als die Waffen dieses vermeintlichen Plans gesehen.

Die Verschwörungsthese ist vor allem in rechtsextremen und esoterischen Kreisen beliebt und geht Hand in Hand mit der Behauptung, das Coronavirus sei in Wirklichkeit nicht existent. In Deutschland rufen inzwischen sogar Prominente dazu auf, auf den sogenannten Hygienedemos gegen die NWO zu protestieren – und verkündeten selbst den Termin, für deren drohende Machtübernahme: den 15. Mai. Der allerdings inzwischen verstrichen ist.

QAnon

Hinter dem Begriff QAnon steckt die Vorstellung, der Menschheit stehe ein von US-amerikanischen Eliten geplanter „Sturm“ oder eine „Erweckung“ bevor. Zentrale Behauptung ist, dass Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft einen geheimen Putsch planen würden, um die USA in eine Diktatur zu verwandeln. Zudem seien sie sowie zahlreiche andere Prominente Teil eines internationalen Kinderschänder-Rings.

Ihren Ursprung hat diese Behauptung im Oktober 2017 in dem Internetforum 4chan, das unter anderem als Ort der Vernetzung rechtsextremer Gewalttäter genutzt wird. Ein anonymer Nutzer veröffentlichte unter dem Titel „Calm before the storm“ (Ruhe vor dem Sturm) ein Statement, in dem er behauptet, er sei ein „Q clearance patriot“ aus dem Umfeld Donald Trumps, in Anlehnung an die höchste Freigabestufe für geheime Informationen des US-Energieministeriums und habe Informationen zu einem bevorstehenden Staatsputsch. Die Verschwörungsthese fand schnell viele Anhänger, die sich den Namen QAnon als Neuschöpfung aus dem Buchstaben Q und dem Begriff „anonymous“ gaben.

Ursprünglich in den USA von Trump-Supportern propagiert, ist die vor allem bei Rechtsextremen beliebte Behauptung inzwischen auch in Deutschland angekommen. Der Sänger und Verschwörungsideologe Xavier Naidoo behauptet in emotionalisierten Videos, dass Kinder aus verschiedenen Ländern der Erde in den Händen pädophiler Netzwerke seien, und führt dies auf die vermeintlichen Leaks von QAnon zurück. Verbreitet wird die von Grund auf antisemitische Verschwörung vor allem über Internetforen, in denen sich Anhänger radikalisieren. Auch der Attentäter von Hanau fühlte sich offenbar von der von QAnon motiviert, als er im Februar zehn Menschen ermordete.

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