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Lido Pimienta: „Miss Columbia“ (Anti Records/Epitaph)

Zunächst ist da diese helle Stimme, die sich ausprobiert, die Raum und Ausdruck sucht. Lido Pimienta variiert zu Beginn ihres neuen Albums „Miss Columbia“ Gesangsphrasen in verschiedenen Tonlagen und Tempi, das Intro „Para Transcribir“ wirkt wie ein softer Aperitif vor einem Menü, das es in sich haben soll. Denn die kolumbianisch-kanadische Musikerin, die bereits mit ihrem 2016er-Album „La Papessa“ in Kanada gefeiert wurde, bringt in diesen elf Stücken all das zusammen, was sie musikalisch geprägt hat: Allen voran Cumbia und das kolumbianische Subgenre Porro, dann indigenen Folk, aber auch Elektro- und Dancepop und schließlich Punk. Pimienta – in Kolumbien geboren und heute in Toronto zu Hause – repräsentiert neben Künstlerinnen wie Tanya Tagaq sehr gut das postmigrantische Kanada. Sie singt einerseits über die üblen Erfahrungen, die sie als queere, dunkelhäutige Frau gemacht hat („Nada“), blickt aber in „Quiero Que Me Salves“ auch vorsichtig optimistisch in die Zukunft, was die Aufarbeitung rassistischer Verbrechen der Vergangenheit angeht („Y ya llegó la oportunidad / Para arreglar nuestro pasado“, deutsch: „Endlich bietet sich die Gelegenheit, unsere Vergangenheit aufzuarbeiten“). All diese Themen kommen in hittauglichem Popgewand daher, Songs wie „Eso Que Tu Haces“ und „Te Queria“ sind echte Gute-Laune-Macher. Spätestens mit dem Outro, das das Intro wieder aufnimmt, weiß man: Hier hat eine große Musikerin zu ihrer Stimme gefunden. (jut)