Schulstart in Bremen: Schulen bereiten Chaos vor

Ab Montag soll die Mehrheit der Bremer Schüler*innen wieder zur Schule gehen – Schulleitungen brüten über Abstands- und Hygieneregelungen.

Lehrerin mit Mundschutz vor Klasse

In Bremen können Lehrer*innen Mundschutz tragen, müssen es aber nicht Foto: Dirk Waem/dpa

BREMEN taz | Ab Montag soll die Mehrheit der Bremer Schüler*innen wieder die Schule besuchen, nur die Jahrgangsstufen fünf bis acht kommen erst eine Woche später zurück. Doch wie genau das alles funktionieren soll, wie Abstände gewahrt werden sollen, darüber rätselten am Freitag noch die meisten Schulleitungen.

Am Donnerstag hatte die Bildungsbehörde eine „Konkretisierung des Konzepts für Schulen“ an die Schulen verschickt, zwei Tage nachdem das Konzept vorgestellt worden war. Darin steht unter anderem, dass die Schüler*innen mindestens acht Stunden in der Woche in der Schule unterrichtet werden sollen, in Halbgruppen mit höchstens 15 Kindern und Jugendlichen. Zudem müssen zwischen den Stühlen Abstände von 1,50 Metern eingehalten werden – was bedeutet, dass viele Klassen gedrittelt werden müssen, weil die Räume zu klein sind.

Zudem müssen sich die Schulen überlegen, wie sie die Schüler*innen so ins Gebäude und wieder hinaus bekommen, dass sie sich möglichst wenig begegnen – was schwierig ist, wenn den ganzen Tag bis in den Nachmittag Gruppen kommen und gehen. Und sie müssen sich überlegen, wie sie dafür sorgen, dass die Schüler*innen sich die Hände waschen und desinfizieren können – was eine besondere Herausforderung ist, wenn es in den Klassenzimmern keine Waschbecken gibt.

Wie wichtig diese Maßnahmen sind, zeigt das Beispiel der Oberschule an der Koblenzer Straße in Tenever. Dort hat das Gesundheitsamt laut Bildungsbehörde 17 Schüler*innen sowie vier Lehrkräfte in Quarantäne geschickt, weil sie engen Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatten.

Nur zwei Drittel des Personals

Das größte Problem könnte die Personalnot werden, weil Lehrer*innen aus Angst vor Ansteckung zu Hause bleiben. Bisher seien die meisten, auch Angehörige der Risikogruppen, in die Schule gegangen, sagt Elke Suhr, Landesvorstandssprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Auch die über 60-Jährigen, weil bisher ja nur wenige Schüler*innen an den Schulen waren und viele gesagt haben, sie wollen jetzt ihre Abschlussklasse bis zum Ende begleiten.“

Suhr geht davon aus, dass viele Kolleg*innen sich nächste Woche ansehen werden, wie gut es an ihren Schulen gelingt, die Abstands- und Hygieneregeln zu wahren und sich erst dann vom Präsenzunterricht befreien lassen. „Das hängt auch davon ab, wie gut die Schüler und Schülerinnen sich daran halten.“

Die Bildungsbehörde geht davon aus, dass im Durchschnitt nur 65 bis 70 Prozent der Lehrkräfte für den Präsenzunterricht zur Verfügung stehen werden, „an einigen Schulen mehr, an anderen noch weniger“, so eine Sprecherin. Bis Dienstag müssen die Schulleitungen dies gemeldet haben.

Keine Mundschutzpflicht

Dabei liegt es letztendlich im Ermessen der Lehrkräfte, ob sie sich einer Risikogruppe zurechnen oder nicht. Eine ärztliche Bescheinigung brauchen sie nicht unbedingt, heißt es in einem Schreiben der Bildungsbehörde von Ende April. Die Entscheidung sollen die Schulleitungen treffen.

Eine Mundschutzpflicht gibt es in Bremer Schulen nicht, es ist aber möglich, dass Schulleitungen vorschreiben, dass alle eine Maske bis zum Betreten des Klassenzimmers tragen.

Überhaupt ist davon auszugehen, dass die Schulen sehr unterschiedliche Regelungen finden werden – was den Zentralelternbeirat (ZEB) verdrießt. „Wir sind im Großen und Ganzen sehr zufrieden, dass die Schule wieder beginnt“, sagt ZEB-Sprecher Martin Stoevesandt. „Wir hätten uns aber klarere Vorgaben gewünscht, wann die Klassen in welchen Blöcken unterrichtet werden.“ Ein Vater habe sich bei ihm beschwert, weil eines seiner Kinder am Vormittag Unterricht haben wird und ein anderes am Nachmittag.

„Es ist sinnvoll, dass die Schulen selbst entscheiden“, sagt hingegen Frauke Toppe vom Personalrat Schulen, weil die Bedingungen so unterschiedlich seien. Toppe kritisiert vor allem die Geschwindigkeit, mit der der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden soll: „Die Politik stand ziemlich unter Druck, schnell die Schulen wieder zu öffnen“, sagt sie.

Besser wäre es gewesen, sich mehr Zeit zu lassen. „Ich kann die Eltern verstehen, die wollten, dass es wieder losgeht“, sagt sie, „viele werden ja selbst unter Druck gesetzt von ihren Arbeitgebern.“ Aber sie hätten auch nichts davon, wenn die Schulen nach kurzer Zeit wieder schließen müssten, weil sich zu viele infizierten.

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