Medienanstalt beendet Förderprogramm: Ciao, Volos, ciao, Volontariat

Nach nur zwei Jahrgängen beendet die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ihr „Integrationsvolontariat“, ein Programm für geflüchtete Journalist*innen.

Schattenriss einer Person mit Kamera vor dem Schriftzug "Berlin-Brandenburg"

Die MABB wird wie die übrigen Medienanstalten aus dem Rundfunkbeitrag finanziert Foto: Ralf Hirschberger/dpa/picture alliance

„Entweder riskiert man sein Leben, oder man schreibt, was die Regierung will.“ So beschreibt Nyima Jadama, die in Gambia für Zeitungen und Radiosender gearbeitet hat, die Lage für Jour­na­list*in­nen in ihrem Heimatland. Seit 2018 absolviert Jadama ein Integrationsvolontariat, das die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) beim Offenen Kanal ALEX Berlin anbietet. Hier würden Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man im deutschen Journalismus Fuß fassen kann, sagt die Journalistin.

Diese Möglichkeit besteht künftig aber nicht mehr. Ende Mai endet nämlich die kurze Geschichte dieses Volontariats, konzipiert für Journalist*innen mit Flucht- und Verfolgungshintergund. Schon nach dem zweiten Jahrgang ist Schluss. Jadama, die während eines Praktikums auch für die taz geschrieben hat, die syrische Wirtschaftsjournalistin Rama Aldarwish und Ali Hassanpour aus dem Iran sind die letzten Absolvent*innen.

„Das Integrationsvolontariat war ein wichtiges Projekt, das wir mit Herzblut verfolgt haben“, sagt Anja Zimmer, die Direktorin der MABB. Die Anstalt habe dieses besondere Volontariat im Sommer 2016 auf den Weg gebracht, weil es einen „enormen Bedarf“ gegeben habe. Es sei ein „Pilotprojekt“ gewesen, die Medienanstalt habe sich als „Inspirator“ verstanden.

Der Bedarf an solchen Volontariaten dürfte kaum geringer werden. Regierungskritische Jour­na­list*in­nen stehen in autoritären Staaten unter noch größerem Druck als andere Menschen, weil sie in ihrer Berufsausübung eingeschränkt sind. Die Hälfte der Ab­sol­ven­t*in­nen des Integrationsvolontariats kam aus Syrien. Unter den 180 Staaten, die die Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrer Rangliste der Pressefreiheit aufführt, liegt Syrien auf Platz 174.

Betreuungsaufwand groß

Auch angesichts des nicht eben blendenden Images der Medienanstalten – der Medienforscher Lutz Hachmeister hält sie für föderale Fossile, die angesichts der „globalen Netzkommunikation“ wirkungslos seien – ist bedauerlich, dass ein so vorbildliches Projekt verschwindet.

Volker Bach, Leiter von ALEX Berlin, sagt, die Betreuung des Volontariats sei außergewöhnlich aufwendig gewesen – zum einen, weil journalistisches Arbeiten auf Deutsch für Nicht­mut­ter­sprach­ler*­in­nen eine Herausforderung sei, zum anderen, weil die Absolvent*innen jeweils „mit sehr persönlichen Lebens- und Fluchtgeschichten“ bei ALEX Berlin ankämen.

Direktorin Zimmer sagt, dass die MABB über ihre traditionellen Aufgaben hinaus – Regulierung des privaten Rundfunks und von Telemedien, Jugendschutz und Förderung, etwa von Medienkompetenz oder Lokalfernsehen – immer mehr neue Aufgaben zugewiesen bekomme.

Sie bezieht sich auf den neuen bundesweiten Medienstaatsvertrag, der wahrscheinlich ab September in Kraft treten wird. Transparenzvorschriften für Google und Facebook, der Kampf gegen Desinformation, die Kennzeichnungspflicht für politische Werbung von Parteien etwa bei Twitter – um all das sollen sich die MABB und die 13 anderen Landesmedienanstalten, die durch einen festen Anteil aus dem Rundfunkbeitrag (2 Prozent) finanziert werden, künftig kümmern.

Sender sollen einspringen

Zimmer sagt, ein Integrationsvolontariat gehöre nicht zu den „Kernaufgaben“ der MABB, und auf diese müsse sich die Behörde jetzt besinnen. Während nämlich die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder die Medienanstalten für überfinanziert halten, behaupten diese selbst das Gegenteil.

Be­ob­achter*innen des medienpolitischen Geschehens in Berlin gehen davon aus, dass die MABB das Integrationsvolontariat nicht aus ihrem jeweiligen Jahresbudget finanziert hat, sondern durch Rücklagen. Kritik am Stopp des Volontariats findet Zimmer aber unfair, weil „wir bisher die Einzigen waren, die so etwas gemacht haben“. Sie hofft, dass etwa der öffentlich-rechtliche Rundfunk einspringt.

Auch andernorts ist es um Projekte zur Förderung des Journalismus von Geflüchteten nicht gut bestellt. Bei #jetztschreibenwir, einer von Exiljournalisten produzierten Beilage des Berliner Tagesspiegels, ist unklar, ob und wie es weitergeht. Die daran bisher beteiligten Stiftungen haben sich zurückgezogen, man hofft nun auf „Unterstützung einer anderen Stiftung“, so Dorothee Nolte, die zuständige Redakteurin. Bei #jetztschreibenwir wirkten auch Absolvent*innen des MABB-Integrationsvolontariats mit.

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