Beleidigung italienischer Journalistin: Was zählt, ist das Wort

Die Korrespondentin Giovanna Botteri des italienischen TV-Senders RAI wird wegen ihres Aussehens beleidigt. Sie wehrt sich souverän.

Aufnahme der italienischen Korrespondentin Giovanna Botteri.

Giovanna Botteri wünscht sich eine Diskussion über das Bild von Journalistinnen Foto: RAI

Und? Waren Sie schon da? Wir dürfen ja seit heute wieder! Endlich beim Friseur unserer Wahl die Zotteln fallen lassen! Klar, die Sache mit dem Mundschutz ist ungewohnt und in der Zeitschrift blättern unter der Trockenhaube fällt auch aus. Für viele Männer ungewohnt – und teurer – dürfte die Tatsache sein, dass der Trockenschnitt bis auf Weiteres nicht zulässig ist: So machen alle neue Erfahrungen in der Pandemie.

Eine ganz alte Erfahrung machte dieser Tage die Korrespondentin der RAI in Peking. Giovanna Botteri, 62, hat als Korrespondentin den Untergang der Sowjetunion verfolgt, war bei den Jugoslawienkriegen und in Afghanistan im Einsatz.

Seit August letzten Jahres berichtet sie aus Peking, also insbesondere über die desaströse Pandemie, die Italien besonderes hart getroffen hat. „Kann es da ein Thema sein“, fragt die Zeitung Corriere della sera, ob Giovanna Botteri zu ihren Auftritten in den TV-Nachrichten „sich schminkt, ob ihre Haare gewaschen und gelegt sind, ob sie täglich ihr Styling variiert oder stattdessen die gleiche Bluse anzieht? In Italien ja.“

Die seit Langem sich an Botteris Look entzündende Ironie in den sozialen Medien sei dumm und spiegele die Machokultur in Italien wider, schreibt der Corriere. Am 24. April wurde dieses Niveau dann auf die Ebene der beliebten Satiresendung „Striscia la notizia“ im privaten Canale 5 erhoben.

Alles nur ein Missverständnis

Keine Geringere als Michelle Hunziker schien sich in einem satirischen Spot mit der Häufigkeit von Botteris Haarwäsche auseinanderzusetzen. Und nun ließ sich die so Angepöbelte doch zu einer Erwiderung herab – eine, die zu lesen sich lohnt.

„Ich würde mir wünschen, dass diese Geschichte – und zwar völlig abgesehen von mir – eine echte, auch aggressive Diskussion auslöst; eine über das Bild, das Journalistinnen, vor allem TV-Journalistinnen, angeblich abgeben sollen. Wenn ich mir hier in Peking meine Kolleginnen von der BBC ansehe, von einem der besten und zuverlässigsten Fernsehsender der Welt, dann sehe ich Journalistinnen, die jung sind oder alt, weiß, braun, gelb und schwarz. Hübsch und hässlich, dünn oder dick. Einer Kollegin von den Wettervorhersagen fehlt ein Teil des Armes. Und niemand bemerkt das auch nur, niemand sagt etwas, die Menschen hören einfach auf das, was die Kolleginnen zu sagen haben. Denn das ist alles, was zählt – und genau das erwarten sie von einer Journalistin.“

Viele Kolleginnen und Kollegen, aber auch Politikerinnen sprangen Botteri zur Seite. Michelle Hunziker ließ wissen, der Spot sei missverstanden worden. Wenn die Diskussion weitergeht, hat sie vielleicht nicht einmal so unrecht damit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.